Die Wirtschaft muss den Menschen dienen

18.05.20
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Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München

In den 1960/70-er Jahren war diese Ludwig Erhard zugeschrieben Aussage Leitmotiv der Volks- und Betriebswirtschaft. Diese Maxime wurde zwar bis heute immer wieder bemüht, ging aber im Sog und der Gier des Kapitalismus und seiner hochgepriesenen Errungenschaften unter, bis heute eine Pandemie die Absurdität der blinden Gier nach Geld bloßstellt.

In jener Zeit hatte sich ein gewisser Herr Herbert Quandt bei dem kränkelnden Autobauer BMW engagiert, die Marke neu entwickelt und sich dabei eines der größten Vermögen in Deutschland erwirtschaftet. Die BMW Group AG, wie sie sich heute nennt, hatte 2019 134.000 Mitarbeiter und machte einen Umsatz von 104 Mrd. Euro. Am 1. April hat BMW planmäßig mit dem Bau eines neuen BMW-Werks in Shenyang, China, begonnen. Mitte Mai 2020 sollen 1,65 Milliarden Euro an die Aktionäre ausgezahlt werden, das meiste an die Erben Susanne Klatten und Stefan Quandt. Die Liquidität gilt als ausgezeichnet.

In dieser doch recht komfortablen Situation möchte der bayerische Autobauer nun seine Hände nicht nur für Staatshilfen in der Corona-Krise aufhalten, sondern fordert auch noch Finanzhilfen des Staates zur Ankurbelung der Autoverkäufe. Wie für viele andere Firmen bedeutet die Corona-Krise ein Ausnahmesituation, auf die keiner vorbereitet war. Gleichwohl stellt sich bei BMW, ebenso wie bei Daimler und VW, die Frage der Vereinbarkeit von Hilfe aus Steuergeldern mit riesigen Gewinnen just in der Zeit der Krise. Geradezu lächerlich klingt da der Hinweis der BMW-Geschäftsleitung, dass die Dividende von heute eine Rückschau sei, während die derzeitige Krise die Dividende 2021 schmälern würde. Ein eherner Grundsatz des ordentlichen Kaufmanns besagt doch gerade, dass man mit guten Erträgen für Notlagen in der Zukunft vorsorgen muss. Peinlich für die deutschen Autobauer ist dabei auch, dass Renault und Volvo Trucks in Corona-Zeiten auf die Ausschüttung von Dividenden verzichten, während BMW auch noch 6000 Stellen streichen will.

Da ist es nicht verwunderlich, dass sich allenthalben Widerstand gegen die Wünsche der deutschen Autobauer regt. Laut einer ARD-Umfrage sind zwei Drittel der Deutschen gegen eine Kaufprämie, und die Wirtschaftsprofessorin Monika Schnitzer sagte im Club Wirtschaftspresse München überdeutlich: "Ich sehe nicht, dass die Autokonzerne aktuell überhaupt Hilfe brauchen". Und die Dame hat wohl recht. Jahrelang werden die Steuerzahler mit viel Glitzer aber einer veralteten Technik profitgierig abgezockt und die Umwelt mit manipulierten Abgasvorrichtungen ruiniert, und jetzt fällt dieser Industrie nichts Besseres ein, als beim Staat, also beim Steuerzahler, um Hilfe zu betteln. Die deutsche Automobilindustrie ist eine der stärksten in der Welt und könnte gerade in dieser Krise zeigen, dass sie nicht nur gut wirtschaften, sondern auch solidarisch mit der Gesellschaft sein kann, aus der sie ja ihre Gewinne zieht.

Herbert Quandt hatte als Zeitgenosse von Ludwig Erhard noch sehr wohl verinnerlicht, dass die Wirtschaft den Menschen dienen muss. Unternehmertum heute und besonders nach der Krise darf nicht Spekulation und Renditemaximierung um jeden Preis sein. Schon gar nicht die Vorzeigeindustrie Automobilbau.







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