Von A.Holberg
Wenn die USA wirklich ihre wohlbemerkt völkerrechtswidrig in Syrien operierenden Soldaten aus dem Land abziehen, werden die überwiegend von der kurdischen PDY gestellten mititärischen Kräfte der von den USA zusammengezimmerten "Syrisch Demokratischen Kräfte" (SDF) angesichts einer angekündigten weiteren Militärintervention der Türkei im Regen stehen. Unter diesen Umständen bleibt ihnen nur die Option, sich mit der syrischen Regierung zu verständigen. Das sollte grundsätzlich möglich sein, weil die PDY ebensowenig wie irgendeine der relevanten übrigen Parteien der kurdischen Nationalbewegung in den vier Teilen des kurdischen Siedlungsgebietes (Kurdistan) die staatliche Abtrennung fordert. Die "Mutterpartei" der PDY, die vornehmlich im türkischen und damit dem größten Einzelteil Kurdistans operierende PKK hatte das einst getan, ist davon aber seit vielen Jahren abgekommen. Es ist offensichtlich, dass die Kurden unter "normalen" Bedingungen - d.h. unter der Bedingung, dass keiner der Staaten, die Kurdistan unter sich aufgeteilt haben (Türkei, Irak, Iran, Syrien) keine Chance haben, einen unabhängigen kurdischen Staat zu gründen, jedenfalls nicht, solange nicht einer der betreffenden Staaten ohnehin zusammenbricht und solange sie keine relevante ausländische Hilfe aktivieren können. Die Kurden haben keinen Zugang zum Meer, die sozio-ökonomischen Entwicklung und der Zugriff auf relevante Bodenschätze ist vergleichsweise begrenzt und von einer kämpferischen Einheit der kurdischen Nationalbewegung in allen vier Teilen Kurdistans kann keine Rede sein. Die "Mutter der kurdischen Nationalbewegung", die vom Barzani-Clan geführte PDK-Irak, die sich schon seit Saddam Husseins Zeiten eines zumindest formellen Autonomiestatuts und damit einhergehenden Pfründen erfreut, hat in den vergangenen Jahren öfters an der Seite oder im Auftrag der Türkei gegen im Irak stationierte Kräfte der PKK gekämpft als zusammen mit diesen.
Die syrischen Kurden - der zahlenmäßig kleinste Teil der kurdischen Gesamtbevölkerung - mussten sich während des jüngsten Krieges weitgehend neutral positionieren, weil sie weder seitens des arabisch-nationalistische Baath-Regimes in Damaskus noch seitens der zunehmend von radikal-sunnitischen Kräften majorisierten Opposition auf Sympathie rechnen konnten. Jetzt von ihren einzigen relevanten Verbündeten, den USA, fallen gelassen, weil diesen verständlicherweise die Beziehungen zum NATO-Partner Türkei, um dessen Gunst schließlich auch und nicht völlig erfolglos Russland buhlt, allemal wichtiger sind als das Recht irgendwelcher kurdischer oder sonstigen Völker auf nationale Selbstbestimmung, müssen sich nun notgedrungen eher der Assad-Regierung und dessen äußeren Verbündeten annähern. Im Interesse einer Stabilisierung eines Nachkriegs-Syriens bleibt zu hoffen, dass die herrschenden Baath-Partei sowohl über ihren arabisch-nationalistischen Schatten zu springen als auch über ihren traditionellen faktisch monopolitischen Herrschaftsanspruch hintanzustellen vermag. Das wäre auch eine Voraussetzung dafür, die sich zunächst gegen die Kurden wendenden aber darüber hinaus reichenden türkischen Bestrebungen - seien sie nun "neo-osmanisch" oder wie zu Vor-Erdo?an-Zeiten einfach türkisch-nationalistisch - zu neutralisieren.