Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München
Während unser Kanzler neuerdings von einer multipolaren Weltordnung ohne Krieg zwischen USA und China und mit mächtigen Nationen auch in Afrika und Südamerika träumt, hat er wohl bei seiner Beschäftigung mit unserem Wohlstand und der damit verbundenen Bequemlichkeit übersehen oder verschlafen, dass es seit über 20 Jahren bereits eine Organisation für eine solche multipolare Ordnung gibt: die SCO. Das Kürzel steht für Shanghai Cooperation Organisation, verdeutscht: SOZ Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. Diese Organisation mit dem eher unscheinbaren Namen ist aber die weltweit größte ihrer Art und umfasst heute mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung mit 30 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Seit 2004 hat sie Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen.
Während unsere Politiker und Medien in typisch westlich-kapitalistischer Denke die SCO eher mit wirtschaftspolitischen und militärischen Phantasien beschreiben, übersehen sie sträflich den eigentlichen Kern der SCO, nämlich eine internationale Zusammenarbeit in friedlicher Koexistenz zum gegenseitigen Vorteil und ohne Siegermentalität. Dieser Wunschtraum der Menschheit hat nur einen Makel: der Sitz der SCO ist in Peking, ist also nicht auf dem eigenen Mist gewachsen und darf daher nicht gut sein. Unsere Wirtschaftsweisen schreien jetzt nach Deglobalisierung, während sie in den letzten 50 Jahren den Erfolg der von ihnen gesteuerten Globalisierung in den höchsten Tönen gepiesen haben. In ihrer Gier nach Geld haben diese Experten übersehen, dass die Zukunft unsrer Welt nur in ausgewogener, multilateraler und multikultureller Koexistenz gewährleistet ist.
Der Westen und allen voran die USA sind auf ein solches "ex oriente lux" (Einsicht aus dem Osten) nicht nur nicht vorbereitet, sondern dafür auch aufgrund ihres Bildungsnotstandes geistig nicht gerüstet. So kritisieren die USA die kürzliche Versammlung der SCO in Samarkand laut CNN damit, dass für ein solches Treffen jetzt nicht der richtige Zeitpunkt sei, Ja wann denn, wenn nicht heute in dieser chaotischen Weltsituation? Mit ca. 333 Mio Einwohndern stehen die USA heute 2,8 Mrd Chinesen und Indern gegenüber, die ganz entscheidend das Weltgeschehen mitbestimmen wollen. America First , oder auch "E pluribus unum" (Aus vielen Eines), ist endgültig vorbei, zumal sich die Mehrheit der Weltbevölkerung zunehmend von den Macht- und Kapitalgebahren der USA distanziert. Insofern kann man unseren Kanzler und alle, die da noch kommen werden, nur ermutigen, sich die Maxime der SOC einmal etwas genauer anzusehen. Möglicherweise wird er dadurch in seinen Träumen von einer multipolaren Welt besträrkt. Vielleicht fährt er dann einma als Beobachter zu einem Treffen der SCO, um hautnah zu erleben, dass der Wohlstand im eigenen Land nur durch einen angemessenen Wohlstand auch im "Partnerland" gewährleistet ist. Solange wir ein anderes Land nur als Zulieferer zu Billigstpreisen sehen, wird sich unsere Welt langfistig nur in Konflikten aller Art zerfleischen. Es kann also nur darum gehen, in der Welt eine ausgewogene Ordnung ohne Krieg zu verwirklichen, multilateral und multikulturell. Und warum nicht so, wie es die SCO vorschlägt?