23. Oktober 2016. Gestern Abend (22. Oktober 2016) kam es während der von uns organisierten Feier anlässlich des 80. Jahrestages der Gründung der Internationalen Brigaden sowie Bildung des polnischen Dombrowski-Bataillons zu einem nationalistischen Übergriff.
Nach der Vorführung des Films über das Schicksal der Internationalen Brigaden sowie zum Gedenken an ihre Freiwilligen auf der ganzen Welt, ist in unseren Veranstaltungsraum, in dem Dutzende von Menschen zu Feier versammelten, eine Rauchgranate hineingeworfen worden. Dies geschah mit dem Ruf „han pasado“ - "wir sind durchmarschiert“, ein Ausspruch von Franco nach dem Sturz der Spanischen Republik, als die Gegenantwort gegen das antifaschistische „no pasaran!“.
Die Täter sind dann sofort verschwunden. Wahrscheinlich waren es drei jugendliche Erwachsenen. Zum Glück hat unser Kollege blitzschnell reagiert und die Granate aus dem Raum mit den Füßen heraus gestoßen. Niemand wurde verletzt. Der Saal musste durchlüftet werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung sind vor das Gebäude gegangen, wo der Warschauer Revolutionschor spontan die „Warszawianka 1905” anstimmte. Wir haben die Veranstaltung fortgesetzt und bis zum Ende durchgeführt.
Es war die erste derartige Attacke gegen unsere Initiative „Hände weg von der Dombrowskistrasse!“. Aber die seit Jahren durch die polnischen Faschisten und Nationalisten ausgeübte Gewalt ist uns als Aktivisten und Anhänger und Freunde der Internationalen Brigaden nicht unbekannt. Im Gegenteil: Wir sind uns dessen bewusst, dass diese Gewalt von Faschisten und Nationalisten in den letzten Jahren stetig anwächst. Es sollte betont werden, wer tatsächlich für das gestrige Ereignis verantwortlich ist: Es sind offensichtlich das “Institut der Nationalen Erinnerung“ (IPN) sowie die politische Rechte, die rechten Medien und die ganzen pseudo-patriotischen Kräfte und ihre Geschäfte.
Dieser Angriff war nicht kein bloßer Hooligan-Exzess, sondern ein politischer Gewaltakt. Die Verantwortung dafür tragen all jene Institutionen und Personen, die versuchen, ihr Bild von der Welt, ihre Geschichtsauffassung und Erinnerung anderen Menschen mit Gewalt aufzudrängen: manchmal mittels Verfälschung der Geschichte, ihrem Revisionismus. Sie tun das, ohne andere Meinungen zuzulassen, jegliche Diskussion mit Andersdenkenden aufzunehmen bzw. etwas auszuarbeiten, was tatsächlich als ´“gemeinsam“ anzusehen wäre und integrieren könnte.
Nicht zu übersehen ist die Verantwortung der gegenwärtigen nationalistischen Kultur, die bestimmte mythischen Helden, durch die rechte Propaganda kreiert, über Recht und Moral erhebt, und aus dem bewaffneten Kampf mit politischen Gegnern die höchste Tugend und nicht die Tragödie macht. Das Ereignis steht ohne Zweifel im Zusammenhang mit den Plänen, den Namen der D?browszczaków-Straße zu ändern. Die „Entkommunisierungs-Maßnahmen“, die nichts anderes sind, als eine Attacke auf die Traditionen und Werte der breit verstandenen Linken und des Antifaschismus, reihen sich ein in die abstoßende Praktiken der braunen Gewalt, immer öfter präsent in dem öffentlichen Raum. Auf der einen Seite sind es die rechten Schläger, die Veranstaltungen und festliche Anlässe zur Erinnerung und zum Gedenken an die antifaschistischen Heldinnen und Helden stören sind es auf der anderen Seite städtische Ratsmitglieder und IPN-Beamte, die den öffentlichen Raum von jeglichen Spuren linker Traditionen säubern. Unsererseits möchten wir betonen, dass wir uns nicht in Angst und Schrecken versetzen lassen. Wir werden unsere Aktionen fortsetzen, die die Kultivierung des Gedächtnisses der D?browszczak-Kämpfer sowie die Aufrechterhaltung der Straße unter ihrem Namen in dem Warschauer Viertel Prag zum Ziel haben. Wir danken auch der „WILDE SEITE WEICHSELS“ für die Möglichkeit, dass wir unsere Veranstaltung in ihrem Raum durchführen konnten und für die Unterstützung angesichts des Angriffs.
Initiative „Hände weg von der D?browszczaki-Straße“
Warschauer Revolutionschor „Warszawianka“
Übersetzung und Bearbeitung: B., L. (Polen) und Hans-Jürgen Schwebke (Berlin)