Von Universität Konstanz
Studie der Universität Konstanz zeigt: Nationalistische Wahlkampfstrategien setzen stärker als angenommen auf Sozialpolitik. Ihr psychologischer Hebel ist weniger ein tatsächlicher Statusverlust als vielmehr die Angst davor.
Wie werben nationalistische Parteien um Wahlstimmen? In der öffentlichen Debatte wird häufig davon ausgegangen, dass rechte Wahlkampfstrategien vor allem durch Identitätspolitik Erfolg verzeichnen – bei der Gruppe der „ökonomisch Abgehängten“. Eine aktuelle Studie der Universität Konstanz zeigt, dass diese Annahme zu kurz greift. „Man unterschätzt die Rechtspopulisten, wenn man denkt, dass sie ihre Wähler nur über Identitätsansprache gewinnen“, schildert die Konstanzer Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Christina Zuber. „Nationalisten sprechen ihre Wähler zugleich stark über ökonomische Programmatik an. Sie machen konkrete sozialpolitische Angebote und versprechen konkrete Maßnahmen, um den kulturellen und politischen Status der Nation aufzuwerten.“
Christina Zubers Studie beschreibt rechtspopulistische Wahlkampfstrategien als Kombination aus sowohl nationalistischer als auch ökonomischer Programmatik. „Ihre Zielgruppe sind gar nicht unbedingt die ökonomisch Abgehängten – sondern diejenigen, die Angst davor haben, abgehängt zu werden“, so Zuber. „Unsere Befunde zeigen, dass Nationalisten nicht einfach nur mit Identitätspolitik von ökonomischen Themen ablenken, sondern Ängste vor sozialem Abstieg ganz gezielt mit inhaltlichen Vorschlägen adressieren.“
Um auf nationalistische Strategien zu reagieren, empfiehlt Christina Zuber, ihnen einerseits auf programmatischer Ebene zu begegnen, aber andererseits gezielt Personengruppen mit Abstiegsängsten anzusprechen. „Diese Statusängste muss man ernst nehmen. Ein Beispiel dafür, wie diese Gruppe erreicht werden kann, ist die Respekt-Kampagne von Olaf Scholz bei der jüngsten Bundestagswahl.“
Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Philip J. Howe (Adrian College, Michigan, USA) und Dr. Edina Szöcsik (Universität Basel, Schweiz). Sie wurde online in der Wissenschaftszeitschrift Comparative Political Studies im Open Access veröffentlicht: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/00104140211036033