Neuerscheinungen Freizeit und Reise

25.02.23
KulturKultur, TopNews 

 

Buchtipps von Michael Lausberg

Buch 1

André Breinbauer: Medusa und Perseus, Carlsen, Hamburg 2022, 978-3-551-79610-3, 26 EURO (D)

War Medusa ein Monster? War Perseus ein Held? Nicht in diesem Comic von André Breinbauer: Er erzählt den bekannten Mythos aus der Perspektive beider Figuren radikal anders: Medusa ist nicht das Ungeheuer, das aus Bosheit Menschen zu Stein verwandelt. Zuerst wird sie im Tempel der Athene von Poseidon vergewaltigt und wird anschließend von Athene dafür bestraft. Perseus hingegen ist noch ein Kind und Spielball der Mächtigen.

Im Vorwort wird ausgeführt, dass Medusa seit der Renaissance meist mit einem Monster assoziiert wird, das Tod und Verderben bringt. Dies soll revidiert werden, mit dem Verweis auf eine wesentliche Quelle (Ovid). Eine Neubewertung soll her, die aus der heutigen kritischen gesellschaftlichen Sicht erfolgt. Medusa wäre „ein Teil der #MeToo-Bewegung, hat sie doch sexuelle Gewalt, patriarchale Herrschaft, eine Täter-Opfer-Umkehr und mangelnde Solidarität unter Frauen erfahren.“

Das Besondere der Graphic Novel ist zum einen, dass sie von beiden Seiten gelesen wird. In der Mitte treffen Medusa und Perseus sowie ihre Geschichten aufeinander. Zum anderen sorgt ein feministischer Blick auf den Mythos dafür, dass der Comic sich grundlegend von anderen Medusa-Interpretationen unterscheidet. Medusa wird als starke Frau dargestellt, die sich nicht eingeschüchtert zeigt und ihr Schicksal selbstbestimmt steuern will.

Der Comic erscheint gleichzeitig auf deutsch und französisch.

Nur bei einigen Dialogen und Hintergrundinformationen für den Leser gibt es Schriftlichkeit, der Hauptteil besteht aus Zeichnungen, davon manche über eine ganze Seite.

Der Wende-Comic ist eine kreative Herangehensweise, der allerdings erst mal neu und etwas verwirrend ist.

Die Vergewaltigung von Medusa enthält wohl Szenen, die unappetitlich sind.

Der Autor verbindet hier Unterhaltung und Comic-Art mit einer politischen Message, eine wenig angewandte Art der Graphic Novel.

Jedoch: Wer die früheren Interpretationen der Medusa nicht kennt oder nicht mit der Mythologie vertraut ist, wird Schwierigkeiten haben, die Neubewertungen angemessen zu verstehen.

Die Zeichnungen haben hohe Qualität, von André Breinbauer wird man in Zukunft bestimmt mehr hören und lesen.

 

Buch 2

Oliver Zwahlen: 111 Orte in Zürich, die man gesehen haben muss. Das Original, Emons, Köln 2023, ISBN: 978-3-7408-1381-9, 18 EURO (D)

Dieses Buch bietet eine Entdeckungsreise zu 111 mehr oder weniger versteckten Orten in Zürich.

Der Bahnliebhaber Kurt Landenberger initiierte 1962 auf einem Grundstück in der Nähe des Katzensees seine eigene Miniaturbahn. Über die Jahre entstand mit Hilfe von Familie und Freiwilligen eine Anlage, die immer wieder erweitert und ergänzt wurde. Heute gibt es neun Dampf- und drei Elektroloks im Maßstab 1:6 eingebettet in eine selbst gestaltete Miniaturlandschaft.

Das Miyuko am Rand des Zürcher Bankenviertels ist ein kleines japanisches Café und Teehaus mit 20 Sitzplätzen und einer Außenterrasse. Im Inneren prangen an den Wänden grundflächige Animefiguren, die die Mitbesitzerin Sara Hochuli selbst entworfen hat. Sonst gibt es dort verschiedene Tortenkreationen, Matchatee und Gebäck zu entdecken.

Spannend ist auch die Rote Fabrik, die im Zuge der „Opernhauskrawallen“ als kultureller Freiraum für die Jugend erkämpft wurde. Im alternativen Kultur- und Freizeitzentrum spielten schon Bands wie Nirvana, Red Hot Chili Peppers oder Bad Religion. Schwerpunkte sind auch Theater und Kunstausstellungen.

Oder die Spiegelgasse in der Altstadt, die nur 160 Meter lang ist. Aber nirgendwo sonst in der Stadt haben so viele Dichter, Literaten und Revolutionäre gelebt. Angefangen von Lenin über das Cabaret Voltaire und Georg Büchner bis hin zu Robert Walser weisen Gedenktafeln auf die prominenten Bewohner hin.

Jeder der Orte wird auf zwei Seiten vorgestellt. Neben einem Text auf der einen Seite gibt es auf der anderen ein Bild und eine Informationsübersicht mit Adresse, Öffnungszeiten und einem speziellen Tipp.

Nach den Orten gibt es mehrere Seiten mit Stadtplänen, in dem alle 111 Orte eingezeichnet sind.

Dies ist eine Art alternativer Stadtführer, das den Fokus auf eher ungewöhnliche Aspekte, skurrile und unbekanntere Orte legt. Für Familien mit Kindern hätte etwas mehr geboten werden können.

Nicht wundern: Hier wird durchgängig die Schweizer Rechtschreibung verwendet.

Für jeden, der sich für die Besonderheiten, Kultur und einen Blick hinter die Kulissen Zürichs interessiert und etwas Zeit mitbringt, kann dieses Buch empfohlen werden.


Buch 3

Torsten Andreas Hoffmann: Die Magie der Schwarzweiß-Fotografie. Schwarzweißmotive erkennen und stimmungsvolle Bilder gestalten, dpunkt Verlag, Heidelberg 2020, ISBN: 978-3-86490-750-0, 44,90 EURO (D)

Hier werden Schwarzweiß-Fotos eine angemessene Position in der heute vom Fortschritt der digitalen Fotografie geprägten Zeit eingeräumt.

Torsten Andreas Hoffmann stellt in diesem Buch die stimmungsvolle und magische Schwarzweißfotografie vor. Dazu werden über 330 eigene Fotografien gezeigt, denen Bildanalysen folgen. Anhand von ihnen zeigt Hoffmann, wie man den Blick für Schwarzweißmotive schulen, die eigene fotografische Handschrift entwickeln und ausdrucksstarke Bildern machen kann. Hauptsächlich will er aber mit „meinen Texten und Bildern anregen, Ihren eigenen Weg, Ihre eigenen Sujets und Ihre eigene Ausdrucksform zu finden, um zu entdecken, wie Sie diese Welt empfinden, und um Ihre Empfindung in eine Bildsprache zu kleiden, die auch anderen Menschen etwas ‚rüberbringt‘.“ (S. 5)

Im ersten Teil des Buches geht es um verschiedene Ausdrucksformen. Dabei geht es darum, den eigenen Ausdruck zu finden, das grafische Wesen der Schwarzweißfotografie, den Ausdruck von Stimmungen, melancholische Bilder, Stimmungserzeugung durch die Gestaltung des Himmels, surreale Szenen, abstrakte Muster, Nachtfotografie und Spiegelungen in einzelnen Kapiteln.

Diese werden immer mit einem kurzen Text eingeleitet mit Anregungen und Tipps, danach folgt immer eine Bilderstrecke von verschiedenen Motiven als Beispiel. Zu jedem Bild gibt es Informationen über Inhalt, Ort und technische Details. Diese Systematik wird auch in den anderen Teilen angewandt.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit speziellen Themen der Fotografie. Dies sind Landschaftsfotografie, Architekturfotografie, Streetfotografie, Menschen, Menschen und Umgebung sowie sozialkritische Fotografie.

Im dritten Teil wird die klassische Bildgestaltung behandelt. Zunächst werden Inhalt und Formen der Bildkomposition erläutert. Danach geht es den häufig gemachten Fehler, das Wesentliche des Bildgeschehens genau in die Bildmitte zu setzen, Bildspannung und Bildrhythmik. Das Platzieren des Horizontes im Bild und der Goldene Schnitt kommen dann zur Sprache. Statische und dynamische Komposition, Flächen, die Reduktion von Bildelementen, das Prinzip Bild im Bild, ungewohnte Perspektiven und das Gestalten von Bewegungsunschärfe sind die weiteren Schwerpunkte.

Der vierte Teil stellt die Aufnahmetechnik, Bildentwicklung und Bildbearbeitung vor. Dabei werden verschiedene Kameras und ihre Funktion vorgestellt, aber betont, dass nicht die Ausrüstung das Wichtigste ist. Der RAW-Modus einer Kamera zur Steigerung der Bildqualität und wenig Korrekturen wird danach erläutert. Der Einsatz von verschiedenen Filter in der digitalen Fotografie und Bilder mit der digitalen Schwarzweißkamera in Indien folgen danach. Das Entwickeln der Bilder mit Lightroom und Schwarzweißumwandlung mit Silver Efex runden den vierten Teil ab.

Der Autor räumt den analog aufgenommenen Fotos eine angemessene Position in der heute vom Fortschritt der digitalen Fotografie geprägten Zeit ein und distanziert sich von oberflächlichen Fotografien. Manchmal zu sehr, es gibt auch gelungene Farbbilder der digitalen Fotografie.

Spezielle Adressen von Fotomärkten, Nostalgiemessen zum Erwerb hätten noch genannt werden können ebenso falls existent, Kontaktadressen zu Fotogruppen, die ebenfalls die Begeisterung für Schwarzweißfotografie teilen.

Wie man bei einigen Bildern sieht, eignet sich die Schwarzweiß-Fotografie besonders für atmosphärische Darstellungen, für die Erzeugung von Emotionen, romantischen Orten und der Herstellung einer Aura des Mystischen.

Die verschiedenen Möglichkeiten der Bildkomposition werden verständlich erläutert, so bekommen sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene einen Eindruck seiner Arbeitsweise, die jedoch nicht kopiert werden soll, sondern Anregungen für eigene Motive oder das Ausdrücken von Stimmungen zu liefern.


Buch 4

Frank Späth: Nikon Z 5. Das Handbuch zur Kamera, dpunkt Verlag, Heidelberg 2020, ISBN: 978-3-86490-810-1, 29,90 EURO (D)

Dieses Handbuch von Frank Späth soll bei der Programmierung und Bedienung der Z5 helfen und zu ausdrucksstarken Bildern ohne langes Suchen in den Menüs verhelfen.

Im ersten Teil geht es um die Vorstellung sämtliche Funktionen und Menüpunkte der Z 5 und ihre weitgehende Ausstattung. Nach einer Übersicht der wichtigsten Funktionen werden die zentralen Bedienelemente vom Modusrad bis zur Hilfe-Funktion erläutert. Anschließend werden die Menüs mit ihren zahlreichen Hilfsfunktionen für viele Situationen ausführlich einzeln vorgestellt: Das Menü Fotoaufnahme, Wiedergabe, Filmaufnahme, Individualfunktionen, System, Bildbearbeitung und Mein Menü.

Der zweite Teil führt dann in die Praxis der fotografischen Kernthemen ein. Dabei werden Bildgröße und Bildformate mit einer theoretischen Einleitung, der Weißabgleich, die verschiedenen Möglichkeiten des Blitzens, die Belichtungsmessung und Steuerung sowie das automatische und manuelle Fokussieren gezeigt. Außerdem wird Schritt für Schritt veranschaulicht, wie man Filme drehen kann mit anschließender Tonkontrolle. Zubehör wie Stativ, Kopf, Veri-ND-Filter und LED-Licht für fortgeschrittene Fotografen runden dieses Kapitel ab. Zahlreiche Beispielbilder gibt es in jedem Unterkapitel.

Verschiedene Tipps für Objektive für die Nikon Z aus dem eigenen Sortiment von Nikon und auch von anderen Herstellern mit jeweils einem Beispielbild werden zum Schluss noch vorgestellt.

Im Anhang findet man noch einen Index zum schnellen Nachschlagen.

Die Nikon Z 5 ist eine für Einsteiger optimierten Kamera ins spiegellose Vollformatsegment. Die einzelnen Menüpunkte sollten für Leute, die schon mal mit Nikon- Vorgängermodellen, gearbeitet haben, kein Problem darstellen.

Der Teil über das Blitzen bleibt etwas an der Oberfläche. Der Praxisteil zeigt dagegen exemplarische Bilder zu den verschiedenen Aufnahmesituationen, was den Transfer der Vermittlung erhöht. Hilfreich sind die Praxistipps, die durch das gesamte Buch gestreut, Anregungen für spannende Motivsituationen bietet.


Buch 5

Marini: Noir Buslesque (1), Carlsen Comics, Hamburg 2022, ISBN: 978-3-551-76390-7, 24 EURO (D)

Mit „Burlesque Noir“ wendet sich der Star-Illustrator Enrico Marini dem Comic Noir zu und hat einen rasanten Krimi im New York der 1950er Jahre geschaffen. Dies ist der erste Teil.

Slick ist ein Ex-Boxer, Spieler, Kriegsveteran und kleiner Gangster, der versucht, in einem Haifischbecken zu überleben. Genau das setzt er aber aufs Spiel, als er sich mit der Femme fatale Caprice einlässt. Sie wird von seinem Boss Rex als sein Eigentum betrachtet, und er schätzt es überhaupt nicht, dass so ein Kleinkrimineller das nicht respektiert. Rex will sie bald heiraten, es gibt aber auch gewisse Gefühle für Slick.

So entwickelt sich die Geschichte einer gefährlichen Liebe zu einem Ritt durch die Unterwelt New York und einer hoffnungslos überforderten Polizei.

Marini orientiert sich stark an dem historischen film noir. Die hierarchische Ordnung innerhalb der Unterwelt, Macht durch Waffen und körperlicher Gewalt und Rollenbilder von Mann und Frau werden übernommen. Am Ende gibt es noch die zehn Gebote des Bosses, die das einzige Gesetz darstellen, um zu überleben.

Der Schwerpunkt des ersten Bandes liegt eindeutig auf den Zeichnungen, Dialoge werden immer sehr kurz gehalten und auf das Notwendigste beschränkt.

Durchgängig gibt es schwarz-weiß Zeichnungen und viele Grautöne, nur manchmal unterbrochen von einem scharfen Kontrast, einem grellen Rotstich wie bei den Haaren von Caprice. Die Figur der Femme fatale wird nicht nur deshalb hervorragend bildlich umgesetzt.

Die Charakteristik des film noir wird mit komödiantischen Elementen wie überforderte Ermittler und skurrile Szenen der Untergebenen des Big Boss und vor allem durch die Hauptfigur als Gentleman-Gangster umgesetzt.

Nicht nur die Hintergründe werden oft in mühsam gestalteten Details gezeigt, auch die Kleidung der Figuren, Aktionszenen oder einzelne Körperteile. Besonders gelungen sind die Charakterdarstellungen mit sorgfältig eingesetzter Mimik und emotionaler Atmosphäre, genauso wie das Erzeugen von Bewegung innerhalb einzelner Sequenzen.

Ein guter Einstieg, der Lust auf den Folgeband macht.








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