Vor 50 Jahren: „Tauwetter“ in der Sowjetunion und die literarische Verarbeitung

08.05.16
KulturKultur, Internationales, Sozialismusdebatte, TopNews 

 

Von Michael Lausberg

Historische Einordnung

Die Tauwetter-Periode“ ab dem Frühling 1953 ist eine nach dem Tod Josef Stalins von der Sowjetunion ausgehende Periode der Auflockerung und größeren Freiheit der inneren Kultur in den Staaten des Warschauer-Paktes. Der Begriff geht auf Ilja Ehrenburgs Roman „Tauwetter“ „zurück.[1]

Auslöser für das Ende der stalinistischen Dogmen und den Beginn des Tauwetters war der Tod des Diktators und Selbstdarstellers am 5. März 1953. Nikita Chrutschschow wurde nach zögerlichem Beginn zum Reformer des stalinschen Systems als er im Februar 1956 im Anschluss an den XX. Parteitag der KPdSU  die Geheimrede „Über den Personenkult und seine Folgen“ hielt. Darin äußerte er massive Kritik am Personenkult um Stalin und an den stalinistischen Verbrechen der 1930er Jahre. Die Tauwetter-Periode führte auch zum Kurs der „friedlichen Koexistenz“ „in der sowjetischen Außenpolitik. So ging Chruschtschow auf Annäherungskurs zu Tito in Jugoslawien.

Hintergrund für den sowjetischen Kurswechsel war, dass bis zum Tode Stalins selbst höchste Parteifunktionäre, wenn sie in Ungnade fielen, um ihr Leben fürchten mussten. Daher lag die Tauwetterpolitik zunächst einmal im eigensten Interesse der Parteifunktionäre. Ein zweites Motiv für die Entspannungspolitik waren die hohen Verwaltungs- und militärischen Kosten, die die totalitäre Kontrolle über die Satellitenstaaten verursachte. Chruschtschow nutzte außerdem zusehends sein Image als Reformer im Machtkampf mit konservativen innerparteilichen Gegnern, die er als rückständig und gefährlich brandmarkte. Seine eigene Verstrickung in die Verbrechen der Stalin-Ära konnte er umso besser verschweigen.

Während dieser Phase der Entstalinisierung schwächte sich die staatliche Zensur merklich ab, vor allem in Literatur, Kunst und Film wurde offener diskutiert. Wichtigste Plattform der Vertreter des Tauwetters war die Literaturzeitschrift Nowy Mir.[2] Einige Werke dieser Periode gelangten auch im Westen zu größerer Bekanntheit, darunter Wladimir Dudinzewa „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ und Alexander Scholschenizyn Roman Roman „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“, den Chruschtschow im Zuge der Entstalinisierung persönlich zur Veröffentlichung freigab. Weitere bedeutende Vertreter der Tauwetter-Periode waren die Schriftsteller Jewgeni Alexandrowitsch Jewtuschenko, Wiktor Petrowitsch Astafjew, Wladimer Fjodorowitsch Tendrjakow, Bella Achatowna Achmadiluna, Robert Iwanowitsch Roschdstwenski, Andrey Andrejewitsch Wosnessenski und Anna Andrejewna Achmatowa.[3] 

Im September 1955 reiste der damalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer nach Moskau, um die Rückkehr der letzten deutschen Kriegsgefangenen aus sowjetischen Lagern zu erwirken. Zu dieser Zeit waren noch knapp 10.000 frühere Soldaten der Wehrmacht bzw. der Waffen-SS und etwa 20.000 politisch inhaftierte Zivilisten in sowjetischer Gefangenschaft sie durften ab dem 7. Oktober 1955 heimkehren.

Viele politische Gefangene in der Sowjetunion und anderen Ostblock-Staaten wurden nach 1956 freigelassen und zum Teil rehabilitiert. Ganze unter Stalin verfemte Bevölkerungsgruppen wurden nun rehabilitiert. In manchen Ländern kamen vergleichsweise liberale Ministerpräsidenten an die Macht, in Ungarn zum Beispiel Imre Nagy. Am 15. Mai 1955 wurde der Österreichische Staatsvertrag zwischen den vier Besatzungsmächten (UdSSR, USA, Großbritannien, Frankreich) und Österreich unterzeichnet und die Besatzung beendet. Nach diesen ersten Signalen einer neuen Haltung kam es 1955 zur Genfer Gipfelkonferenz zwischen US-Präsident Eisenhower, Chruschtschow sowie den Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs und Bulgariens.

Die Tauwetter-Periode hielt jedoch nicht lange an.[4] Mit der Niederschlagung des Aufstandes in Ungarn im November 1956 begruben viele Menschen Hoffnungen auf eine weiter gehende Öffnung. Chruschtschows Hetzkampagne gegen Boris Pasternak, dem 1958 der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde, zeigte den russischen Künstlern deutlich die Grenzen der Liberalisierung.[5] Pasternak wagte es nicht, diesen persönlich in Empfang zu nehmen. Die sowjetische Führung schwankte zusehends zwischen liberalen Ansätzen und der Angst, genau dadurch die Kontrolle zu verlieren. In den frühen 60er Jahren, spätestens mit der Entmachtung Chruschtschows durch Leonid Breschnew (Oktober 1964) endete die Tauwetter-Periode.[6] Dass Chruschtschow einfach abgesetzt und nicht etwa verhaftet oder sogar ermordet wurde, wäre ohne die Tauwetter-Periode und das Ende des Terrors zuvor wohl nicht denkbar gewesen.

Nach Ende des Tauwetters konnten sowjetkritische Schriftstücke nur über nichtoffizielle Kanäle (Samisdat) verbreitet werden. Die Tauwetter-Periode wurde letztlich zum Vorläufer der Reformen Gorbatschows ab 1985, der auch unter anderem die Entstalinisierung wieder aufnahm.[7]

 

 

„Tauwetter“ von Ilja Ehrenburg

Das Werk „Tauwetter“ ist eine Powest, also eine Zwischenform zwischen Roman und Erzählung, des russischen Schriftstellers Ilja Ehrenburg. Sie erschien zuerst im Jahr nach Stalins Tod, 1954, in der Literaturzeitschrift Snamja. Im folgenden Jahr schob Ehrenburg eine Fortsetzung nach. Das Buch signalisierte den Beginn eine Phase der Liberalisierung der sowjetischen Kulturpolitik und der Rehabilitation von Opfern der stalinistischen Verfolgungen.[8]

In der Sowjetunion hatten bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs neue Repressionswellen begonnen, eingeleitet 1946 durch Schdanows Kampagne gegen die „Speichellecker des Westens“, die sich zunächst vor allem gegen Schriftsteller richtete. 1949 folgte die Kampagne gegen die „wurzellosen Kosmopoliten“, in deren Zuge fast alle führenden Mitglieder des Jüdischen Antifaschistischen Komitees verhaftet und ermordet wurden, und 1952 schließlich der Prozess gegen die „Ärzteverschwörung“.

Stalin starb am 5. März 1953, im April wurden die Beschuldigten der „Ärzteverschwörung“ freigesprochen, im Juni wurde Lawrenti Beria verhaftet. Es folgte eine Zeit der Unsicherheit, wohin sich die sowjetische Gesellschaft entwickeln würde. Im Winter dieses Jahres schrieb Ehrenburg seinen letzten Roman „Tauwetter.“

Das Werk „Tauwetter“ spielt im Winter 1953/1954 in einer russischen Provinzstadt „an der Wolga“, die von einer großen Maschinenfabrik dominiert wird. Der Plot erinnert an Tolstois Werk „Anna Karenina“.[9] Im Zentrum steht die Ehe des Werkleiters Iwan Schurawljow, eines gefühlskalten Bürokraten, mit der Lehrerin Jelena Borissowna. Sie verliebt sich in den Ingenieur Dmitri Korotenko und trennt sich von Schurawljow; der Liebesgeschichte ist ein gutes Ende beschieden. Schurawljow hat jahrelang den bereits genehmigten Bau von Arbeiterwohnungen aufgeschoben und stattdessen Investitionen in die Produktion vorgenommen, um den Plan übererfüllen zu können. Nachdem ein Frühlingssturm die alten Wohnbaracken zerstört hat, wird er als Werkleiter abgesetzt. Wie bei Anna Karenina wird diese Haupthandlung mit Liebesgeschichten anderer Personen kontrastiert: der Elektrotechnikstudentin Sonja Puchowa und des Ingenieurs Sawtschenko sowie der Ärztin Wera Scherer und des Chefkonstrukteurs Sokolowski.[10]

Dazu kommt eine Künstlerdebatte, deren Protagonisten Wladimir Puchow und Saburow sind. Puchow, der Bruder von Sonja Puchowa, frustriert, orientierungslos und oft mit zynischen Sprüchen hervortretend, fertigt ohne Überzeugung, aber erfolgreich Auftragsarbeiten im Stil des Sozialistischen Realismus; der verarmte Saburow malt Landschaften und Porträts aus innerer Überzeugung, bekommt aber keine Aufträge. Der Höhepunkt der Handlung ist gerade dem Zyniker Puchow zugedacht, dem keine hoffnungsvolle Liebesgeschichte vergönnt ist: An einem Frühlingstag im Stadtpark erlebt er sinnlich das Auftauen der Gefühle und findet Schneeglöckchen unter dem Eis für die Schauspielerin Tanetschka, die sich eben von ihm getrennt hat.

Was den Roman antreibt, sind die großen Ereignisse im fernen Moskau, die sich jenseits des Romangeschehens abspielen und nur in ihren Fernwirkungen in die Handlung einbezogen werden. Der Sturz Schurawljows ist parallelisiert mit dem Ende des Stalinismus; Wera Scherer hat unter den Verdächtigungen im Zusammenhang der „Ärzteverschwörung“ zu leiden; Korotenkos Stiefvater wurde in den Jahren des Terrors verhaftet und ins Arbeitslager deportiert; Sokolowskis Tochter lebt in Belgien und dies verwendet Schurawljow bei seinen Intrigen gegen ihn.[11]

Die Figuren des Buches sind -von wenigen Ausnahmen abgesehen- „realistische Mixturen“.[12] Sie werden durchweg sowohl aus der Außenperspektive (Erzählerbericht) als auch aus der Innenperspektive gezeigt, und so sehr das Buch gegen den stalinistischen Bürokraten Schurawljow Partei ergreift, so wenig ist er als Bösewicht gezeichnet. Er erscheint als ausgezeichneter Ingenieur, der bei einem Brand im Werk engagiert eingreift, als Werkleiter aber fehl am Platz ist und charakterliche Defizite aufweist.

In die recht schlichte Geschichte sind jedoch drei „symbolische Kontrapunkte“ eingebaut, die ein dichtes Netz von Verweisen ergeben: Der strenge Frost lockert sich parallel mit dem Auftauen der erstarrten politischen und persönlichen Beziehungen; in der Zeitungslektüre und den Diskussionen der Figuren sind die politischen Wandlungen der Enstalinisierung und die Ereignisse des Kalten Krieges permanent anwesend; und schließlich durchzieht den Roman eine aktuelle Kunst- und Literaturdiskussion. Sie beschränkt sich nicht auf die ‚Künstlerhandlung‘: Anspielungen auf zahlreiche aktuelle Romane kommen permanent vor, das Buch wird gleich mit einer „Leserdebatte“ im Werk eröffnet. Es ist dieses Verweisnetz zwischen Jahreszeit, Liebe, Politik und Kunst, das dem Roman seine außerordentliche Wirkung ermöglicht hat.[13]

Der Text erschien im April 1954 zunächst in Snamja und stieß sofort auf starke Reaktionen. Schon der Titel galt als bedenklich, da er die Stalinzeit als Frostperiode zu negativ erscheinen ließ; die Redaktion des Blattes hätte lieber „Erneuerung“ oder „Eine neue Phase“ gesehen. In den Literaturzeitschriften erschienen vernichtende Kritiken, u.a. von Konstantin Simonow, die Ehrenburg vorhielten, ein düsteres Bild der sozialistischen Gesellschaft gezeichnet zu haben. Beim Zweiten Schriftstellerkongress der Sowjetunion im Dezember attackierten Michail Scholochow und Alexander Surkow den Roman in den schärfsten Tönen (und mit antisemitischen Untertönen). Die Publikation als Buch wurde um zwei Jahre verzögert. Noch 1963 verwarf Nikita Chruschtschow persönlich „Tauwetter“ als eines der Werke, die „die mit dem Personenkultes zusammenhängenden Ereignisse (…) falsch oder einseitig beleuchten“.[14] Doch trotz der erbitterten Kritik wurde das Buch ein großer Erfolg sowohl in der Sowjetunion als auch im Ausland, es erschienen zahlreiche Übersetzungen. Das sprachliche Bild des Romantitels setzte sich durch.[15]

„Der Mensch lebt nicht von Brot allein“ von Dudinzew

Wladimir Dmitrijewitsch Dudinzew war bis zum Kriegsende Militärstaatsanwalt in Sibirien. Nach dem Krieg war er Korrespondent bei der Komsomolskaja Prawda. 1956 erschien sein Roman Der Mensch lebt nicht vom Brot allein der literarisch Aufsehen erregte. Sowjetische Leser lobten den Roman enthusiastisch, die Literaturkritiker bejahten die kritische Offenheit, die Parteibürokratie äußerte sich empört. Der Autor selbst geriet literarisch in Verruf. 1988 wurde Dudinzew nach Veröffentlichung seines zweiten Romans Weiße Gewänder in Würdigung seines Schaffens mit dem Staatspreis der UdSSR ausgezeichnet. Gorbatschow hatte sich von der kommunistischen Staatsideologie abgewandt und verwirklichte die Ideen der Reformer.[16]

Der Roman schildert sowjetisches Alltagsleben in einer sibirischen Stadt.[17] Held des Romans ist der junge Ingenieur Lopatkin, der eine Maschine zur Produktion von Rohren im Kreiselgussverfahren erfindet. Er will seine Erfindung für die Produktion brauchbar machen und übergibt die Konstruktionspläne Drosdow, dem Generaldirektor seines Kombinats, einem skrupellosen Karrieristen.[18] Drosdow lässt die Konstruktionspläne in seinem Direktoratsbüro verschwinden, da er Neuerungen in seinem Betrieb verhindern will. Lopatkin, frustriert über das Verhalten Drosdows, gibt die Konstruktionspläne einer Armeebehörde. Er wird dann wegen illegaler Weitergabe von staatlichen Dokumenten verhaftet und zu achtjähriger Zwangsarbeit in einem Arbeitslager verurteilt. Nach seiner Haft erfährt Lopatkin, dass seine Erfindung von Drosdow realisiert und staatlich ausgezeichnet wurde. Die Autoritäten decken den Schwindel, indem sie Lopatkin eine leitende Stellung in einem anderen Staatsbetrieb anbieten. Aber Lopatkin ist nicht gewillt, einem System zu dienen, das gestattet, geistiges Eigentum zu verschachern und Täter zu Opfern werden zu lassen. Er kämpft gegen die Bürokratie und Selbstbedienung des sowjetischen Wirtschaftssystems. Er gewinnt den persönlichen Kampf, ist aber ohnmächtig gegen die unsichtbare Macht der Staatsbürokratie. Lopatkin weiß, dass ihm bei der Bekämpfung derselben ein langer Kampf bevorsteht.[19]

Drosdow heiratet anfangs die um etliche Jahre jüngere attraktive Nadja, obwohl er bereits verheiratet ist und seine Ehefrau es ablehnt, sich scheiden zu lassen. Er genießt die Privilegien der Parteibürokratie. Die Partei legalisiert die Eheschließung innerhalb weniger Monate. Als Nadja in die Geburtsklinik kommt, werden die anderen Frauen in ihren Betten auf den Korridor gebracht, weil eine hochrangige Genossin besonderer Pflege bedarf. Gleichmacherei wird auch im Sozialismus nicht geduldet, erklärt ihr Droskow. Nadja liebt ihren Ehemann wirklich nur wenig, sie hat sich heimlich in den jungen Ingenieur Lopatkin verliebt, der es selbst gar nicht merkt. Er ist mit seiner Erfindung beschäftigt, die ihn voll und ganz in Anspruch nimmt.[20]

 Ein wohlmeinender Armeebeamter verfügt die Vergabe von potentiellen militärischen Mitteln für Lopatkins Erfindung und setzt ihn auf die Gehaltsliste für Armeeangehörige, ebenso das Projekt der Abwasseranlage auf die geheime Liste für militärische Investitionen. Lopatkins Anklage vor Gericht wird im Urteil gemildert durch den erbrachten Anspruch für die Erfindung. Es ist Nadja, die Lopatkin hilft, den Weg zu finden. Als er vor seinem Transport in ein Arbeitslager todkrank darnieder liegt, stellt sie Kartoffeln vor die Tür, und als er Geld für seine Erfindung benötigt, verkauft sie ihren Pelzmantel. Hinter Lopatkins Rücken wird sie seine Partnerin und die heimliche Geliebte.[21]

Die Tatsache, dass der Autor wegen seiner instruktiven Kritik des sowjetischen Wirtschaftsbürokratie aus politischen Interessen in der Sowjetunion während des so genannten Tauwetters viel gelesen wurde und sogar den Unwillen des höchsten Kremlherrn Chruschtschow erweckte, ließ den Roman berühmt werden.[22]

„Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“ von Scholschenizyn

Das Werk „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“ erschien im November 1962 in der Moskauer Zeitschrift Nowy Mir als das Erstlingswerk Alexander Solschenizyns, der 1970 den Nobelpreis für Literatur erhielt.[23]

Der Roman schildert einen Tag aus dem Leben eines Häftlings in einem sowjetischen Gulag. Die Veröffentlichung in Solschenyzins Heimat war nur möglich, weil sich die Sowjetunion 1956 auf dem XX. Parteitag der KPdSU vom Personenkult um Josef Stalin gelöst hatte. Doch Unerfreuliches – die stalinschen Säuberungen, massenhafte Zwangsarbeit und Straflager – wurde dabei gerne bagatellisiert und dem Übereifer von Personen am Rande des Verantwortungsbereiches zugeschrieben, so dass auch diejenigen Mitglieder der neuen Führung der Sowjetunion, die schon in der Zeit des Stalinismus Verantwortung getragen hatten, von jeglicher Schuld freigesprochen werden konnten. Solschenizyns Roman fiel so in eine Zeit, die vom Klima der vorsichtigen Aufarbeitung der Verbrechen der Stalin-Ära gekennzeichnet war.[24]

Der Roman wurde schon bald im westlichen Ausland bekannt. Bereits ein Jahr nach seiner Veröffentlichung erschien seine amerikanische Übersetzung, der rasch auch eine deutsche Fassung folgte. Caspar Wrede verfilmte das Buch 1970 mit Tom Courtenay in der Titelrolle.[25]

Aus der persönlichen Erfahrung des Verfassers schöpfend, steht der Roman in der Tradition des russischen Realismus.[26] Der Rahmen der Handlung scheint willkürlich gewählt – ein beliebiger Tag, vom Wecksignal bis zum Löschen der Lichter, im Leben eines beliebigen Gulag-Häftlings, stellvertretend für die namenlosen Scharen politischer Gefangener. Das Hauptaugenmerk liegt auf der realistischen Schilderung der Härten und Ungerechtigkeiten des Gefangenenlebens im frostigen Sibirien, im Mittelpunkt dabei das persönliche Befinden des Iwan Denissowitsch, dessen Wohl und Wehe von scheinbaren Kleinigkeiten abhängt – einem Kanten Brot, den er verstecken kann, einem kleinen Stückchen Metall, das sich zu einem Messer zurechtschleifen lässt, einem Paar warm gefütterter Stiefel, denen er nachtrauert. Das tägliche Zentrum seiner Existenz bildet das hungrige Warten auf die nächste kärgliche Mahlzeit, meist nicht mehr als eine dünne wässrige Suppe und doch die einzige Brücke zum Überleben. Ein weiterer Schwerpunkt der Erzählung liegt auf der Interaktion zwischen den einzelnen Häftlingen – redseligen und schweigsamen, ehrlichen und verlogenen, arbeitsscheuen und fleißigen – sowie auf dem Verhältnis zwischen den Häftlingen und den Wachen, beide zusammengezwängt in ein unmenschliches System.[27]

Was den Roman aus der Masse der Gefangenenliteratur heraushebt, ist die Menschlichkeit, die er ausstrahlt. Die innere Welt des Protagonisten wird mit packender Lebendigkeit geschildert. Die Art und Weise, wie er sich mit seinen Umständen zu arrangieren versucht, sein inneres Glück, das geschildert wird, wenn er eine zusätzliche Schüssel Suppe ergattert, berühren den Leser mehr, als es die bloße Beschreibung von Demütigungen und Grausamkeiten vermocht hätte. Solschenizyn stellt die Härte des Lebens in den Lagern ohne jegliche Vorwürfe dar.[28] Trotz aller Unmenschlichkeit dieses Lebens bleibt, diskret und doch eindrucksvoll angedeutet, immer noch Raum für einen Rest Nächstenliebe unter den Gefangenen.

Die Werke Jewtuschenkos

Jewgeni Alexandrowitsch Jewtuschenko verbrachte seine frühe Kindheit bei seiner Großmutter im nahegelegenen Sima. Sein Vater, der deutschstämmige Alexander Rudolfowitsch Gangnus, dichtete selbst und vermittelte dem Jungen bereits früh seine Liebe zur Poesie.

Um Repressalien aufgrund des deutsch klingenden Namens zu vermeiden, sorgte die Großmutter dafür, dass Jewgeni den Geburtsnamen seiner Mutter erhielt; außerdem wurde das Geburtsdatum offiziell auf 1933 verlegt, um 1944 einen Umzug nach Moskau zu ermöglichen.[29]

Jewtuschenkos Schulzeit verlief nicht sehr erfolgreich, er musste wegen Schwänzens und diverser Aufsässigkeiten die Mittelschule wechseln und wurde schließlich aufgrund einer falschen Beschuldigung vor Erreichen eines Abschlusses als Fünfzehnjähriger von der Schule gewiesen. Er arbeitete von seinem vierzehnten Lebensjahr an, erst in einem Kolchos, dann in einem Sägewerk. 1948 und 1950 nahm er an geologischen Expeditionen seines Vaters in Kasachstan und dem Altai teil und kehrte nach Moskau zurück, um Dichter zu werden. 1949 druckte die Zeitschrift Sowjetsport sein erstes Gedicht.[30] Von da an wurde er zum „Zeitungsdichter“; auch die obligatorischen Zeilen über Stalin waren regelmäßig in seinen Werken enthalten. Sein 1952 erschienener erster Gedichtband Kundschafter der Zukunft wurde von der Kritik zwar gelobt, war beim Publikum aber wenig erfolgreich. Jewtuschenko wurde aufgrund seiner Veröffentlichungen auch ohne Schulabschluss in den Schriftstellerverband und an das Moskauer Gorki-Literaturinstitut aufgenommen, wo er die Studienzeit nutzte, seinen Stil und seine Themen zu überdenken.[31]

Nach diversen Veröffentlichungen in den 50er Jahren kam der Durchbruch beim Publikum 1961 mit den beiden Gedichten „Babi Jar“, und „Meinst Du, die Russen wollen Krieg“, das auch vertont wurde. Babi Jar war eine Schlucht bei Kiew, in der am 29. und 30. 9. 41 durch das Sonderkommando (SK) 4a der Einsatzgruppe C mit Hilfe von zwei Kommandos des Polizeiregiments Russland-Süd 33 771 jüdische Männer, Frauen und Kinder ermordet wurden. Kurz nach der Eroberung Kiews wurden die Juden der Stadt durch Maueranschläge aufgefordert, sich am 29. 9. 41 an einem bestimmten Ort zwecks Umsiedlung zu melden. In einer unübersehbaren Kolonne leitete man sie zur Babi-Yar-Schlucht, in der sie gruppenweise erschossen wurden. Nach Abschluss der Exekution sprengten Pioniere die Ränder der Schlucht ab, so dass das herabfallende Erdreich die Leichen unter sich begrub. In einem Bericht stellte das Kommando abschließend fest: "Obwohl man zunächst nur mit einer Beteiligung von etwa 5 000 bis 6 000 Juden gerechnet hatte, fanden sich über 30 000 Juden ein, die infolge einer überaus geschickten Organisation bis unmittelbar vor der Exekution noch an ihre Umsiedlung glaubten.[32]

Der Kommandeur des SK 4a, Blobel, wurde im Ohlendorf-Prozess zum Tod verurteilt und hingerichtet. Das Landgericht Darmstadt verurteilte 1968 zahlreiche Angehörige des Kommandos zu langjährigen Freiheitsstrafen. Das Massaker von Babi-Yar ist Thema eines Gedichts des russischen Schriftstellers Jewtuschenko gegen den Antisemitismus.[33]

Gleichzeitig sah sich Jewtuschenko kritischen Stimmen des etablierten sowjetischen Kulturbetriebs ausgesetzt. Trotz einiger Repressionen - zeitweise lebte er in Petschora im Norden Russlands - war er jedoch äußerst produktiv und wurde auch international beachtet; seine Werke erschienen in 72 Sprachen. Etiketten wie „Dichterrebell“, „Kultfigur der 60er Jahre“ und „Polit-Idol“ oder auch „politisch unzuverlässig“ versuchen ihn zu charakterisieren.[34]

Bereits in frühen Jahren widmete sich Jewtuschenko auch der Prosa. Seine erste Erzählung Die Vierte Meschtschanskaja-Straße wurde 1959 in der Zeitschrift Junost veröffentlicht. Sein erster Roman Beerenreiche Gegenden  in der Bundesrepublik unter dem Titel Wo die Beeren reifen erschien Anfang der 80er Jahre.[35]

Im September 1986 äußerte sich Jewtuschenko in der Fernsehsendung Kennzeichen D des ZDF zur Frage einer Wiedervereinigung Deutschlands: „Ich denke, daß dieses große deutsche Volk, aus dem heraus so große Philosophie, Musik und Literatur entstanden ist, daß dieses in Zukunft wiedervereinigt werden muß. Aber es braucht Zeit. Es hängt von der Atmosphäre ab, von der globalen Atmosphäre“.[36] Seine Äußerung war wenige Wochen später ein Thema bei einem Treffen zwischen Erich Honecker und Michail Gorbatschow in Moskau. Seinen Blick auf den Wandel in der Sowjetunion zeigte der 1993 erschienene Schlüsselroman Stirb nicht vor deiner Zeit; ein autobiographisches Werk erschien 1989 unter dem Titel Wolfspaß.[37]

In beiden Büchern gibt es ein (identisches) Kapitel, das den Ereignissen um den Augustputsch in Moskau gegen Gorbatschow gewidmet ist. Nachdem Jewtuschenko 1988 bis 1991 Parlamentsabgeordneter gewesen war, war er unmittelbarer Augenzeuge der Verteidigung des Weißen Hauses - er trug von dessen Balkon ein Gedicht vor, das den demonstrierenden Menschen draußen auf der Straße gewidmet war.[38]

Neben zahlreichen Auszeichnungen in seinem eigenen Land erhielt er 1999 als erster ausländischer Dichter den renommierten amerikanischen Walt-Whitman-Preis. An amerikanischen Universitäten hielt er Vorlesungen aus seinem Lehrbuch Anthologie der russischen Poesie. In Italien wurde er 2008 mit dem Premio d'Annunzio ausgezeichnet. Den Staatspreis der Russischen Föderation erhielt er im Jahre 2009.

Wladimir Fjodorowitsch Tendrjakow

Tendrjakow war Soldat im Zweiten Weltkrieg und überlebte eine schwere Verwundung. Danach studierte er von 1946 bis 1951 Literaturwissenschaft am Gorki-Institut in Moskau. Viele seiner Novellen und Erzählungen erschienen erstmals in literarischen Zeitschriften wie Novyj mir. Sie waren beim Publikum sehr beliebt, da er auch gesellschaftliche Probleme und Konflikte thematisierte. Obwohl er seit 1948 Mitglied der KPdSU war, erhielt er keine hohen Auszeichnungen. Einige seiner Werke konnten erst nach seinem Tod erscheinen.[39]

Stets wiederkehrende Motive in seinen Werken sind der Umgang mit individueller Schuld und das Spannungsfeld zwischen persönlicher Gewissensentscheidung und gesellschaftlicher Verantwortung. Oft geht es auch um die Selbstfindungsprozesse Jugendlicher, dabei werden die Protagonisten durch unerwartete Ereignisse aus ihrem gewohnten Alltag herausgerissen: In Die Nacht nach der Abschlußfeier kritisiert die Klassenbeste in ihrer Abschlussrede entgegen der Erwartungshaltung der Zuhörer in scharfen Worten das Schulsystem, in Die Abrechnung (Расплата) erschießt der junge Kolja seinen Vater, der zuvor die Familie tyrannisiert hatte. Die unter der Oberfläche liegenden Konflikte, die zu diesen Vorfällen führen, werden von Tendrjakow herausgearbeitet. Dabei wird klar, dass zwischenmenschliche Beziehungen sehr komplex sind und es oft keine einfachen Lösungen gibt. So heißt es auch in dem Roman Mondfinsternis, der das Scheitern einer Liebesbeziehung zum Thema hat: Gegenseitiges Verstehen bezahlen die Menschen mit Blut und mit Stücken ihres Lebens.[40]

Auch gesellschaftliche Probleme werden oft exemplarisch anhand von Personen aufgezeigt, die unterschiedliche Wertvorstellungen vertreten. Durch Bürokratie und Intrigen werden Konflikte noch verschärft. Viele Erzählungen Tendrjakows haben ein offenes oder, insbesondere in seinem Spätwerk, pessimistisches Ende.[41]

Achmadulinas Lyrik

Bella Achatowna Achmadulina war eine russische Dichterin, Übersetzerin und Essayistin. Sie war eine der jüngsten Vertreterinnen der Dichtergeneration der sowjetischen Tauwetter-Periode, die nach dem Tod Stalins wieder eine etwas persönlichere, „intimere“ Lyrik hervorbrachte.[42] Achmadulina war Jewgeni Jewtuschenkos erste Ehefrau.

Noch zu Schulzeiten – 1954 – veröffentlichte Bella Achmadulina ihre ersten Gedichte in der Zeitschrift Oktober.[43] Seit 1955 studierte sie sehr erfolgreich am Moskauer Maxim-Gorki-Literaturinstitut, das sie 1960 abschloss. Es verhalfen ihr Lyriker wie Jewtuschenko und Roschdestwenski gemeinsam mit älteren Dichtern zu einer außerordentlichen Popularität. 1962 erschien eine erste Gedichtsammlung unter dem Titel Die Saite, die in Kollegenkreisen Aufmerksamkeit hervorrief.

In den Folgejahren erschienen die Bände Schüttelfrost (1968), Musikstunden (1969), Gedichte (1975) und Schneegestöber (1977). Reisen in den 1970er Jahren nach Georgien weckten eine Leidenschaft für die georgische Kultur und Literatur. Sie übertrug erfolgreich Arbeiten georgischer Dichter ins Russische, u.a. Tizian Tabidse und Irakli Abaschidse. Ihre Gedichtsammlungen Die Kerze (1977) und Grusinischer Traum  1979) zeigen den Einfluss dieser Kultur auf ihre Arbeiten. Ihre in den 80er Jahren erschienenen Gedichtbände Geheimnisse, Der Garten und Auswahl  wurden ergänzt von vielbeachteten Essays über Alexander Puschkin und Michail Lermontow.

Achmadulinas Lyrik ist geprägt von einem schwermütigen Grundton und dem Herausarbeiten allgemeiner Bedeutung aus konkreten, häufig alltäglichen Momenten. Beispiele hierfür sind die Gedichte Motorroller (1959), Tonbandgerät  oder Sodawasser. Ihre Lyrik war häufig auf die Intonation, den mündlichen Vortrag angelegt.[44]

Obwohl sie auf politische Themen in ihren Arbeiten verzichtete, war sie kein unpolitischer Mensch. In den 1970er Jahren unter Breschnew setzte sie sich als eine von wenigen für verfolgte und unterdrückte Kollegen ein.[45] 1989 erhielt sie den Staatspreis der UdSSR für den Gedichtband Der Garten; außerdem war sie Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Letters.

Roschdestwenski

Robert Iwanowitsch Roschdestwenski brach mit den starren Regeln des sozialistischen Realismus und entwickelte eine eigene Literatur mit demokratischen Elementen.[46]

Einen Großteil seiner Jugend verbrachte der 1932 geborene Roschdestwenski in der Stadt Omsk. Sein Vater war Offizier und fiel 1945 während des Zweiten Weltkrieges. Seine Mutter war als Ärztin an der Front tätig und gab den Sohn zur Großmutter. Nach deren Tod kam der junge Robert Iwanowitsch mit 9 Jahren in ein Waisenhaus. Bereits während der Schulzeit begann er, sich für Gedichte und Literatur zu interessieren. Sein erster Gedichtband wurde 1950 veröffentlicht. Nach Abschluss der Schule begann er ein Studium an der Universität von Petrosawodsk. Von 1951 bis 1956 setzte er sein Studium am literaturwissenschaftlichen Institut in Gorki fort, wo er 1956 auch seinen Abschluss erlangte.

In den 1950er und 1960er Jahren während der Tauwetter-Periode schloss er sich einer Gruppe von Schriftstellern an, die mit den strikten Vorstellungen des sozialistischen Realismus brachen. Anfang der 1960er Jahre stieg seine Bekanntheit durch zahlreiche Lesungen seiner Gedichte, vor allem an Universitäten und Hochschulen. Im Jahre 1979 wurde er mit dem Staatspreis der UdSSR ausgezeichnet. Ab 1986 setzte sich Roschdestwenski für eine stärkere Demokratisierung der russischen Politik ein und unterstützte die Forderungen nach Glasnost und Perestroika.[47]

Im Jahr 2004 veröffentlichte Roschdestwenskis Tochter Xenia Roschdestwenskaja ein Buch über Roschdestwenskis Schaffen.[48] Das Buch wurde zunächst nur in einer Auflage von 1.000 Stück gedruckt. Im Buch finden sich zuvor unveröffentlichte Gedichte, seltene Privatfotografien, von Roschdestwenski gesammelte Zeitungsausschnitte und Notizen seiner Kollegen und Freunde. Nach überragenden Kritiken in vielen russischen Tageszeitungen wurde es in einer größeren Auflage gedruckt.

Die Lyrik Wosnessenskis

Andrei Andrejewitsch Wosnessenski war ein russischer Dichter und Schriftsteller. Robert Lowell nannte ihn einen „der größten lebenden Dichter aller Sprachen“.[49]

In seiner Jugend war Wosnessenski von Malerei und Architektur fasziniert. 1957 graduierte er am Moskauer Architekturinstitut. Dennoch war seine poetische Leidenschaft stärker, und er sandte seine Gedichte an Boris Pasternak; die gegenseitige Freundschaft war von prägendem Einfluss auf den jungen Dichter.

Seine ersten Gedichte veröffentlichte er 1958. Sie brachten sogleich seinen unverwechselbaren Stil zum Vorschein. Seine Dichtungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie „den Menschen der Gegenwart mit modernen Kategorien und Bildern, exzentrischen Metaphern, sowie durch ein komplexes rhythmisches und phonetisches System zur Sprache bringen“.[50] Wladimir Majakowski und Pablo Neruda zählen zu den Dichtern, die ihn am meisten beeinflussten.

In den 1960er Jahren während der sogenannten Tauwetter-Periode unternahm Wosnessenski häufig Auslandsreisen in die USA, nach Frankreich, Deutschland, Italien und in andere Länder. Die Popularität von Wosnessenski wie auch die von Jewgeni Jewtuschenko oder Bella Achmadulina zeigte sich in zahlreichen Lesungen vor Tausenden Zuhörern in Stadien, Konzerthallen und Universitäten. Seine Gedichtsammlung Antimiry („Anti-Welten“) diente 1965 als die Grundlage für eine berühmt gewordene Aufführung am Taganka-Theater.

Wosnessenskis Freundschaft mit vielen Schriftstellern, Künstlern und Intellektuellen seiner Zeit reflektiert er in seinen Romanen und Artikeln. Er schrieb Songs für Alla Pugatschowa sowie die Texte für die erfolgreiche Rockoper Junona und Avos (1979), die Leben und Sterben Nikolai Resanows schildert.

1978 wurde Wosnessenski mit dem Staatspreis der UdSSR ausgezeichnet, 1983 mit dem Orden des Roten Banners der Arbeit. Nach der Wende erhielt er in der Russischen Föderation 2004 und 2008 den Verdienstorden für das Vaterland 3. und 2. Stufe. Er war Ehrenmitglied von zehn Akademien, darunter der russischen Pädagogischen Akademie (1993), der American Academy of Arts and Letters und der Pariser Académie Goncourt. Auf der documenta 8 im Jahr 1987 in Kassel wurden Aufnahmen von ihm im Rahmen der "Welt als Sprache: Akustische Poesie" als offizieller Ausstellungsbeitrag aufgeführt.[51]

Anna Achmatowas Dichtungen

Anna Andrejewna Achmatowa war eine russische Dichterin und Schriftstellerin. Sie gilt als die Seele des Silbernen Zeitalters in der russischen Literatur und als die bedeutendste russische Dichterin. Ihr späteres Schaffen ist vor allem von den Schrecken der stalinistischen Herrschaft geprägt, während der sie selbst Schreibverbot hatte, ihr Sohn und ihr Mann inhaftiert waren und viele ihrer Freunde ums Leben kamen.

Wie Puschkin 90 Jahre vor ihr erhielt Achmatowa ihre Schulausbildung im exklusiven Lyzeum von Zarskoje Selo. Ihr Verhältnis zu dem wichtigsten russischen Dichter zieht sich von Beginn an wie ein roter Faden durch ihre Arbeiten: Im September 1911, zum 100-jährigen Jubiläum des Lyzeums, verfasste sie ein kurzes Gedicht mit dem Titel Der dunkelhäutige Knabe schlenderte durch die Alleen, in dem es Anspielungen auf den jungen Puschkin gibt.[52] Bereits in diesem Gedicht wird die typische Metonymietechnik der Achmatowa deutlich: Ohne Lyzeum und Puschkin beim Namen zu nennen, wird durch typische Eigenschaften und Gegenstände (hier: dunkelhäutig, der Lyzeums-Dreispitz usw.) klar, wer und was gemeint ist.

Nachdem ihre Eltern sich 1905 getrennt hatten, lebte sie mit ihrer Mutter und den Geschwistern ein Jahr lang in Jewpatorija auf der Krim. Das letzte Schuljahr verbrachte sie schließlich am Kiewer Funduklejew-Gymnasium. Von 1907 bis 1910 studierte Achmatowa in Kiew in „Höheren Frauenkursen“ Jura, wobei sie sich vor allem für die Grundkurse in Rechtsgeschichte und Latein interessierte und den rein juristischen Fachthemen gleichgültig gegenüberstand.

Im Jahr 1910 heiratete sie den Dichter Nikolai Gumiljow, den sie schon seit ihrer Schulzeit kannte und der ihr lange und verzweifelt den Hof gemacht hatte. Es folgten gemeinsame Reisen nach Paris und Italien, wo sie u. a. den Künstler Modigliani traf – seine Zeichnungen der Achmatowa sind später berühmt geworden – und Zeugin der ersten triumphalen Erfolge der russischen Balletttänzer in Westeuropa wurde. Malerei und Architektur Italiens beeindruckten sie tief.

Achmatowa, Gumiljow und Ossip Mandelstam wurden zu den zentralen Vertretern der Literaturbewegung des Akmeismus (von griech. akme, Gipfel, Höhepunkt, Blütezeit).[53] Die Gruppe der Akmeisten bildete sich ab 1911 und wollte mit der Schöpfung einer neuen Ästhetik in Russland die Mystik, die komplizierte Mehrdeutigkeit und den Okkultismus des Symbolismus ablösen. Im Gegensatz zum Symbolismus bemühte sich der Akmeismus um Gegenständlichkeit und Klarheit der Darstellung.

Der Name der Gruppe, der beim 3. Treffen in der Wohnung von Anna Achmatowa beschlossen wurde, sollte auf die angestrebte Höchstleistung hindeuten. Die Grundtendenz war die Betonung des Ursprünglich-Irdischen und des Handwerklichen sowie eine Lösung vom Mystischen des Symbolismus. Aus der Sicht der Symbolisten drohte die Konzentration auf das Dingliche den Blick auf den geistigen Urgrund der sichtbaren Welt zu verstellen. Andere Bezeichnungen für die Lyrik des Akmeismus wie „Neoklassizismus,“ „Adamismus“ und „Klarismus“ zeigen das Umfeld des Akmeismus.

Im Gegensatz zum Futurismus, der ebenfalls als Gegenbewegung zum Symbolismus entstand, war dem Akmeismus nicht an einer revolutionären Änderung der Verstechnik gelegen, eher an einer möglichst ausgewogenen, bewussten und eindeutigen Verwendung der Alltagssprache im dichterischen Bereich.[54]

Nikolai Gumiljow, der theoretische Kopf der Gruppe der Akmeisten, versammelte einige andere Künstler, wie Sergei Gorodezki, Anna Achmatowa, Ossip Mandelstam u. a. um sich. Zu den wichtigsten Vorläufern gehörten Michail Kusmin und Innokenti Annenski. 1911 gründeten sie die Vereinigung „Dichterzunft“ (Zjech poetow) in St. Petersburg/Petrograd, dem organisatorischen Zentrum der Gruppe. Ab 1913 gaben sie die Zeitschrift „Apollon“ heraus, in der Gedichte und theoretische Artikel erschienen.

Über den starken Einfluss, den die wichtigsten Vertreter des Akmeismus auf die russische Lyrik des 20. Jahrhunderts in der Sowjetunion und in der russischen Exilliteratur hatten, blieb auch der Begriff zur Definition von viel später entstandener Lyrik im Unterschied zum Symbolismus oder Futurismus erhalten.

Achmatowas Gedichte zeichnen sich daher durch eine einfache und prägnante Sprache aus. Anders als bei den „esoterisch“ angehauchten Treffen der Symbolisten waren die Zusammenkünfte der Akmeisten eher „Workshops“, in denen u.a. neue Schreibtechniken erarbeitet wurden.[55]

Neben Puschkin fand Achmatowa ihre dichterischen Wurzeln bei Innokenti Annenski (1856–1909), einem Vorläufer der Akmeisten, außerdem bei dem französischen Symbolisten Verlaine und dem jungen Majakowski.[56] Nach ihrer Rückkehr nach Sankt Petersburg studierte Achmatowa Literaturgeschichte und schrieb die Gedichte, die in ihren ersten Gedichtband Abend (1912) eingingen. Es waren vor allem Liebesgedichte, in denen sie Trennung, Kummer und Liebesleid beschrieb.[57]

Sie verwendete in ihren lakonischen, knappen Gedichten Alltagssprache, in denen Gefühle gestisch angedeutet werden. Ein linker Handschuh, der aus Versehen auf die rechte Hand gestreift wird, wird zum Ausdruck der Verzweiflung und Verwirrtheit der Beschriebenen, die äußerlich ruhig bleibt:

Schon 1914 erschien ihr zweites Buch, Rosenkranz, das trotz der Ereignisse des beginnenden Weltkrieges, wie schon der erste Band, ein großer Erfolg wurde. Diese Sammlung enthielt auch das im Januar 1914 entstandene Gedicht Für Alexander Blok ein Indiz für ihre enge Beziehung zu dem Dichter des Symbolismus, die sie immer wieder als platonisch, „ausschließlich poetisch“ bezeichnete. Auch von Alexander Blok gibt es eine Reihe von Gedichten, die der Achmatowa gewidmet sind (z.B. An Anna Achmatowa). Ihre erste Begegnung hatte 1913 stattgefunden. Allerdings schildert das unmittelbar vor diesem im Rosenkranz gedruckte Gedicht (Der Gast Januar 1914) eine zärtliche Begegnung mit einem Mann, dessen Schilderung auf Blok zutraf. Diese Übereinstimmungen führten gelegentlich zu der Vermutung, dass die Beziehung der beiden Dichter intimer war als offiziell bekannt.

Auch der nächste Gedichtband, Die weiße Schar fiel bei seinem Erscheinen 1917 in eine historisch unruhige Zeit. Die chaotischen Zustände zu Beginn der Revolution schmälerten den Verkaufserfolg des Buches.[58]

Nach der Oktoberrevolution arbeitete Achmatowa als Bibliothekarin im Landwirtschaftlichen Institut. Von 1922 an bis 1940 wurden ihre Gedichte nicht mehr gedruckt, da sie den kommunistischen Machthabern zu wenig gesellschaftlich relevant, zu privat waren.[59] In der Sowjetenzyklopädie hieß es, ihre Gedichte seien mit religiös-mystischen und erotischen Motiven überladen, mit denen sie die Jugend vergifte. Ihre älteren Werke fanden nur unter der Hand im Samisdat Verbreitung. Lew Kopelew schrieb über sie: „Ihre Verse blieben im Gedächtnis haften, wurden je nach Stimmung wieder hervorgeholt … Damals war man noch bereit zuzugestehen, daß auch Klassenfeinde und unversöhnliche weltanschauliche Gegner selbstlos, edelmütig und tapfer sein konnten. Ein derartiger „liberaler Objektivismus“ war noch keine Todsünde, noch keine Straftat.“[60]

Nach einer zweiten, aber kurzen und unglücklichen Ehe mit dem Assyriologen und Übersetzer Wladimir Schileiko, der ihre Gedichte zum Teil verbrannt haben soll, lebte sie ab 1926 bis 1938 mit dem Kunsthistoriker Nikolai Nikolajewitsch Punin (1888–1953) zusammen, wobei das Paar zum Teil in einer angespannten Situation in einer Wohnung mit Punins Noch-Ehefrau und deren Tochter wohnte. Oftmals lebte Achmatowa in dieser Zeit buchstäblich von Brot und Tee, wobei sie ihr Selbstbewusstsein und ihren eigenen Stil nie aufgab.

Sowohl ihr Sohn Lew als auch ihr Ehemann Nikolai Punin wurden in den 1930er Jahren mehrfach verhaftet. Ihr Sohn wurde nach dem anfänglichen Todesurteil in die Verbannung geschickt und erst im April 1956, drei Jahre nach Stalins Tod, endgültig nach Hause entlassen. Insgesamt verbrachte er anderthalb Jahrzehnte in Lagerhaft. Ihr Ehemann Nikolai Punin starb 1953 im Arbeitslager Workuta.

In der Zeit der Inhaftierung ihres Sohnes verbrachte Achmatowa viel Zeit in den Warteschlangen der Angehörigen vor dem Gefängnis. In Requiem, das sie in dieser Zeit zu schreiben begann und das ein einziges Klagelied gegen den Stalin-Terror ist, schrieb sie anstelle eines Vorworts folgenden kurzen Prosatext:„In den schrecklichen Jahren des Justizterrors unter Jeshow habe ich siebzehn Monate mit Schlangestehen in den Gefängnissen von Leningrad verbracht. Auf irgendeine Weise Â»erkannte« mich einmal jemand. Da erwachte die hinter mir stehende Frau mit blauen Lippen, die meinen Namen natürlich nie gehört hatte, aus jener Erstarrung, die uns allen eigen war, und flüsterte mir ins Ohr die Frage (dort sprachen alle im Flüsterton): »Und Sie können dies beschreiben? Und ich sagte:
»Ja,« Da glitt etwas wie ein Lächeln über das, was einmal ihr Gesicht gewesen war.“[61]

Für Achmatowa waren diese Jahre ein nicht endender Albtraum. Sie rechnete stets damit, dass an ihrem Sohn das Todesurteil vollstreckt wurde. Die neben Achmatowa andere bedeutende russische Lyrikerin des 20. Jahrhunderts, Marina Zwetajewa, die Achmatowa mit dem Zitat „Anna von ganz Russland“ ehrte, erhängte sich 1941 völlig verarmt. Freunde verschwanden, darunter ihr jahrelanger Wegbegleiter Ossip Mandelstam, der während seiner Verhöre in der Lubjanka im Jahre 1934 seine Gedichte über Stalin sogar für seine Folterknechte niederschrieb. Trotzdem wurde er nicht wie damals üblich in den Gulag nach Sibirien geschickt, sondern von Stalin, dem der Dichter zur damaligen Zeit tot gefährlicher gewesen wäre als lebendig, versucht ihn zu isolieren, aber am Leben zu erhalten[62].

Die Mandelstams wurden daraufhin ins Exil nach Woronesch, 400 km südlich von Moskau, verbannt und durften 1937 wieder ins Moskauer Gebiet – wenn auch nicht in die Hauptstadt selbst – zurückkehren. Im Herbst desselben Jahres besuchten die Mandelstams Achmatowa im Fontänenhaus in Leningrad, wo sie auf dem Sofa ihres Zimmers schlafen mussten, da sie keine eigene Unterkunft hatten. Achmatowa schrieb während dieses letzten Besuches der beiden ein Gedicht für Ossip Mandelstam, den sie wie einen Zwillingsbruder ansah.

Mandelstam wurde jedoch sechs Monate später erneut verhaftet und zu fünf Jahren Zwangsarbeit im ostsibirischen Kolyma verurteilt. Auf der Fahrt nach Kolyma kam er, wie im Gedicht beschrieben, am Jenissei sowie an den Städten Tschita und Swobodny vorbei und wurde schließlich in einem Lager bei Wladiwostok am Polarmeer inhaftiert, wo er am 26. Dezember 1938 einem Herzinfarkt erlag.

Und wenige Gedichtstrophen später bittet sie darum, wenn man ihr einstmals ein Denkmal baue, dann solle dies nicht in einem Park geschehen, sondern in jenem Gefängnishof, in dem sie hunderte von Stunden gewartet habe, um Nachrichten über das Schicksal ihres Sohnes zu erfahren. Auch ihr Denkmal solle den schwarzen Gefängnis-LKW sehen, der die Häftlinge abtransportiert und Zeuge des Leids der Angehörigen sein.

Obwohl ihre Bücher seit Jahren nicht mehr erschienen, war Achmatowa in der russischen Bevölkerung noch so populär, dass es um den Gedichtband „Aus sechs Büchern“, der im Jahr 1940 erscheinen durfte, in den Läden zu Prügeleien kommen konnte. Die unerwartete Drucklegung ihrer Werke geschah auf persönlichen Befehl von Stalin, nachdem sich offenbar namhafte Künstlerkollegen – angeblich hatte auch Swetlana Allilujewa bei ihrem Vater interveniert – für sie eingesetzt hatten. Der Band enthielt Arbeiten aus den Jahren 1924 bis 1940 sowie den neuen Zyklus Die Weide.[63]

Bei Ausbruch des Großen Vaterländischen Krieges lebte die Dichterin noch in Leningrad (wie Sankt Petersburg inzwischen hieß), wurde jedoch nach Beginn der deutschen Blockade 1941 mit anderen Schriftstellern noch über Moskau nach Taschkent ausgeflogen, wo sie Kriegsverletzten in den Krankenhäusern Gedichte vortrug.[64] Vereinzelte Gedichte wurden als „patriotische Beiträge zum vaterländischen Krieg“ offiziell noch akzeptiert; 1942 erschien ihr patriotisches Gedicht Tapferkeit (im Februar 1942 von der Sowjetpresse veröffentlicht) sogar in der Prawda: „Wir wissen, was heute am schwersten wiegt, Was heute geschieht. Die Stunde Der Tapferkeit hat uns geschlagen – wer biegt, Wer bricht uns mit ihr im Bunde? Trotz toter Kugeln leben wir fort Mit dem Tod unter dem Dache.' Du bleibst uns erhalten, du russisches Wort, Du große russische Sprache. Vor Untergang und Gefangenschaft Bewahren wir deine Reinheit und Kraft Für immer.“[65]

Im Juni 1944 konnte sie in ihr geliebtes, jedoch in der Zwischenzeit völlig verändertes Leningrad zurückkehren. Der Krieg und die Repressionspolitik des kommunistischen Gouverneurs Andrei Schdanow hatten der Stadt ihren Stempel aufgedrückt. Achmatowas Bedrückung und Niedergeschlagenheit fanden Einzug in ihre Prosaskizzen aus dieser Zeit, Drei Fliederbäume und Zu Gast beim Tod, die in dieser Zeit entstanden.[66]

Schon bald jedoch spürte auch sie die Auswirkungen der kulturpolitischen Hetzkampagnen der Schdanowschtschina – 1946 schloss man sie als Vertreterin des „ideenlosen reaktionären Sumpfes“ aus dem sowjetischen Schriftstellerverband aus und vernichtete zwei ihrer neuen Gedichtbände. Für dieses Verdikt war aus Anna Achmatowas Sicht ihre kurze Beziehung zu Isaiah Berlin verantwortlich, den sie 1945/46 in Moskau kennenlernte, als der englische Philosoph und Historiker Mitarbeiter der britischen Botschaft in Moskau war. Für sie wurde der jüngere Mann zum „Gast aus der Zukunft“ und sie widmete ihm die Liebesgedichte, die sie in den letzten zwanzig Jahren geschrieben hatte. Sie selbst traf ihn nach der kurzen Begegnung 1946 erst im Jahre 1965 wieder, als ihr in Oxford die Ehrendoktorwürde verliehen wurde.

Anna Achmatowa arbeitete seitdem überwiegend an literarischen Übersetzungen und Übertragungen; zu den von ihr übersetzten Dichtern gehörten Victor Hugo, Rabindranath Tagore und Giacomo Leopardi.[67] Das Schreibverbot bestand bis 1950, als zunächst in der Zeitschrift Ogonjok eine Gedichtreihe unter dem Thema Ruhm dem Frieden erschienen; diese Gedichte – darunter zwei Lobgedichte auf Stalin – gelten allerdings als erpresste und eher peinliche Arbeiten. Erst mit Beginn der Tauwetter-Periode erschienen wieder bedeutsamere Gedichte.[68]

Nach Stalins Tod erfolgte die schrittweise Rehabilitation der Dichterin; sie durfte wieder arbeiten und wurde 1958 wieder in den Schriftstellerverband aufgenommen.  Ihr Versepos „Poem ohne Held“, an dem sie 22 Jahre gearbeitet hatte und das als ihr wichtigstes Werk gilt, erschien bereits 1960/61 in einem New Yorker Literaturalmanach, 1963 in Russland.[69] Es kann in der literarischen Tradition der russischen Versepen gesehen werden, die Puschkin mit Eugen Onegin 1833 begründete und die auch Alexander Blok aufgriff.

Mehr noch als sonst arbeitete sie hier mit komplexen strukturellen und zeitlichen Verschlüsselungen, die einerseits ihren persönlichen Stil ausmachten, andererseits in einer Zeit der Zensur und Unterdrückung schlicht dem Selbstschutz dienten. Und so wurde der Gedichtband zwar veröffentlicht, jedoch gab der zuständige Redakteur Schwierigkeiten beim Verstehen des Textes offen zu.

1964 durfte Anna Achmatowa in Taormina auf Sizilien den „Ätna-Taorrmina-Preis“ annehmen. Auf dieser Reise traf sie in Rom mit Ingeborg Bachmann zusammen, die ihr anschließend das Gedicht Wahrlich widmete.

1965 erhielt sie die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford und im selben Jahr war sie für den Literaturnobelpreis nominiert.[70] Zwei Jahre vor ihrem Tod wurde sie Vorsitzende des Schriftstellerverbandes, aus dem man sie 1946 ausgeschlossen hatte. Ihr Gedichtzyklus Requiem, der den Terror unter Stalins Herrschaft anklagt, konnte in der Sowjetunion jedoch erst im Jahre 1987 erscheinen. Die Veröffentlichung wurde als Ergebnis der Perestroika gefeiert. Personen, denen sie vertraute, hatte sie seit den 1930er Jahren immer wieder daraus Gedichte zitiert.[71]

Am 5. März 1966, dem 13. Jahrestag von Stalins Tod, starb Anna Achmatowa in einem Erholungsheim in Domodedowo bei Moskau. Die Moskauer Zeitungen nannten sie in ihren Nachrufen eine überragende Schriftstellerin und Lyrikerin. Ihr dichterischer Einfluss auf jüngere Kollegen zeigte sich insbesondere bei Joseph Brodsky.[72]

Pasternaks Doktor Schiwago und andere seiner Werke

Boris Leonidowitsch Pasternak wurde 1958 der Nobelpreis für Literatur verliehen, den er jedoch aus politischen Gründen nicht annehmen konnte. International bekannt ist er vor allem durch seinen Roman Doktor Schiwago.[73]

In Moskau als Sohn jüdischer Eltern geboren, wuchs Boris Pasternak in einem intellektuellen und künstlerischen Milieu auf. Sein Vater Leonid war Künstler und Professor an der Moskauer Schule für Malerei, seine Mutter die bekannte Pianistin Rosalija Kaufmann. Unter den Freunden und Bekannten, die Pasternak bereits in jungen Jahren zu Hause antraf, waren Musiker, Künstler, Schriftsteller– einer davon Lew Tolstoi, dessen Bücher sein Vater Leonid illustrierte. Seitdem er als Dreizehnjähriger den russischen Komponisten Alexander Skrjabin kennenlernte, träumte er davon, Pianist und Komponist zu werden und beschäftigte sich ausdauernd mit Klavierspiel, Musiktheorie und Komposition. Aus dem Jahr 1909 stammt eine von ihm komponierte Klaviersonate in h-Moll.[74]

Nach Abschluss des Moskauer deutschen Gymnasiums 1908 studierte er jedoch an der Moskauer Universität Philosophie. Ein Auslandssemester im Sommer 1912 an der damals in Russland bekanntesten deutschen Universität, der Universität Marburg, wo er höchst erfolgreiche Studien bei den Neukantianern Hermann Cohen und Nicolai Hartmann betrieb, sowie Reisen in die Schweiz und nach Italien ließen in ihm jedoch den Entschluss reifen, sich der Poesie zuzuwenden: „Meiner Meinung nach sollte Philosophie dem Leben und der Kunst als Gewürz beigegeben werden. Wer sich ausschließlich mit Philosophie beschäftigt, kommt mir vor wie ein Mensch, der nur Meerrettich isst.“[75]

Pasternak wandte sich, inspiriert vor allem von Alexander Blok, anfänglich besonders dem Futurismus und dem Symbolismus zu. Kurzzeitig war er auch Mitglied der Dichtergruppe LEF ( „Linke Front der Künste“), die ganz im Zeichen des Futurismus stand.[76] Das Manifest dieser literarischen Bewegung umschrieb den Dichter als Arbeiter mit sozialem Auftrag, nicht als Künstler. In dieser Zeit schrieb er seine ersten Gedichte, die 1913 im Almanach Lirika erschienen.[77] 1914 veröffentlichte er seine erste Gedichtsammlung in dem Buch Zwilling in Wolken, gefolgt vom 1917 erscheinenden Über die Barrieren, was ihm Aufmerksamkeit und Anerkennung in der literarischen Welt verschaffte. Seit 1914 war er auch Mitglied der futuristischen Dichtergruppe Zentrifuge.[78]

Obwohl Pasternak von der Brutalität der neuen Regierung schockiert war, unterstützte er die Oktoberrevolution.[79] Seine Eltern und Geschwister wanderten 1921, als Auslandsreisen erlaubt wurden, nach Deutschland aus. Nach dem Krieg arbeitete Pasternak als Bibliothekar und schrieb u.a. Leutnant Schmidt, Meine Schwester, das Leben (1922) und Das Jahr 1905. 1922 heiratete Pasternak Jewgenija Wladimirowna Lourié und hatte mit ihr den Sohn Jewgeni Pasternak (1923–2012), der zunächst Militäringenieur und später als Literaturwissenschaftler und -historiker ein Spezialist für das Schaffen seines Vaters wurde. Die Ehe wurde 1931 geschieden.

Die Poesie blieb Pasternaks Leidenschaft und machte ihn zu einem der wichtigsten Dichter der russischen Moderne.[80] Seine Gedichte entwickelten sich weg von den symbolistischen Einflüssen hin zu philosophischen Ansätzen und zur Verarbeitung der Revolution. In den dreißiger Jahren passten seine Werke allerdings nicht in die Rahmenbedingungen des Sozialistischen Realismus, und er arbeitete als Übersetzer aus dem Französischen, Englischen und Deutschen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Berühmt sind seine Übertragungen von Goethes Faust und Shakespearescher Tragödien, außerdem übersetzte er Werke von Rilke, Kleist und einigen englischen Schriftstellern.[81] 1934 ging er eine zweite Ehe mit Sinaida Nikolajewna Neuhaus ein; die Familie zog 1936 in die Künstlerkolonie Peredelkino bei Moskau. Peredelkino war seit dem 17. Jahrhundert als Adelssitz bekannt.[82]

1934 schlug Maxim Gorki vor, das Gebiet dem Schriftstellerverband der UdSSR zu überschreiben. Daraufhin wurden innerhalb weniger Jahre ungefähr 50 hölzerne Datschen für sowjetische Schriftsteller errichtet.

Unter den in Peredelkino wohnenden Künstlern waren Boris Pasternak, Kornei Tschukowski, Arseni Tarkowski (alle drei starben hier und wurden auf dem örtlichen Friedhof beigesetzt), Ilja Ehrenburg, Weniamin Kawerin, Orest Malzew, Leonid Leonow, Ilja Ilf, Isaak Babel, Wsewolod Iwanow, Nikolai Sabolozki, Boris Pilnjak, Lilja Brik, Konstantin Simonow, Alexander Fadejew, der hier 1956 Selbstmord beging und Michail Bachtin. In jüngerer Zeit wohnten auch Jewgeni Jewtuschenko, Andrei Wosnessenski, Bella Achmadulina, Robert Roschdestwenski und Surab Zereteli hier.[83]

Bei Kriegsausbruch 1941 meldete sich Pasternak freiwillig an die Front, wurde jedoch zunächst nach Tschistopol evakuiert und erst 1943 mit einer „Schriftstellerbrigade“ in den Krieg geschickt. Die lyrische Verarbeitung seiner Kriegserlebnisse ist in den Gedichten des Sammelbands In den Frühzügen (1943) und in Irdische Weite (1945) zu finden.[84]

Nach dem Krieg arbeitete Pasternak lange an seinem ersten und einzigen Roman Doktor Schiwago der in der Sowjetunion aufgrund seines Inhalts nicht erscheinen durfte. Der Roman, der während der russischen Revolutionszeit vor und nach 1917 spielt, beschreibt die Konflikte, in die ein Intellektueller (Schiwago) und seine geistigen und religiösen Überzeugungen mit der revolutionären Bewegung und der sozialistischen Realität gerät. Als Vorbild für Lara, die weibliche Hauptfigur des Romans, soll dabei Pasternaks langjährige Geliebte Olga Iwinskaja fungiert haben. Der Roman erschien 1957 nur im Ausland, zunächst in Italien und danach in 18 anderen Sprachen â€“ ein internationaler Erfolg. In der Sowjetunion konnte er erst 1987 unter Gorbatschow publiziert werden, nachdem man Pasternak offiziell rehabilitiert hatte. Der gleichnamige Film mit Omar Sharif und Julie Christie gewann 1966 fünf Oscars und war ein internationaler Erfolg in den Kinos.[85]

Pasternak, soll sich schon 1934 nach einem „ganz gewöhnlichen Roman“ gesehnt haben, der „einige unansehnliche und armselige Worte des Alltags enthalten sollte“.[86] Pasternak ist unerschöpflich. „Jede Sache in seiner Hand geht zusammen mit seiner Hand aus seiner Hand in die Unendlichkeit fort – und wir mit ihr, ihr nach. Pasternak ist nur invitation au voyage – der Selbstentdeckung und Weltentdeckung, nur Startpunkt: das Woher. Unsere Ablegestelle. Gerade soviel Platz, um – abzulegen. Auf Pasternak verweilen wir nicht, wir retardieren über Pasternak. Über der Pasternakzeile ist eine dichte und dreifache Aura von Möglichkeiten: der Pasternakschen, des Lesers und der Sache selbst. Pasternak wird über der Zeile existent. Das Lesen von Pasternak ist ein Lesen über der Zeile – paralleles und perpendikulares. Weniger, daß du liest, als daß du schaust (denkst, gehst) von – weg. Ein auf etwas Bringendes. In etwas Fortführendes. Man kann sagen, Pasternak schreibt der Leser selbst.“[87]

Von 1946 bis 1955 arbeitete er an seinem ersten und einzigen Roman. Der Roman erschien erstmals 1957 bei Giangiacomo Feltrinelli Editore in Mailand in einer italienischen Übersetzung, erstellt nach einem Manuskript, das Pasternak dem Agenten von Feltrinelli in Russland übergab. Eine russische Version erschien erstmals 1958 im Mouton Verlag in Den Haag und wurde bei der Brüsseler Weltausstellung im Pavillon des Vatikans gratis an die Besucher verteilt. Die Vorlage des Romans in der Originalsprache beim Komitee war Voraussetzung für die Verleihung des Nobelpreises.[88] Eine zweite kleinformatige Dünndruckausgabe auf Bibeldruckpapier wurde speziell für die unauffällige Verbreitung im Ostblock gedruckt. Innerhalb der Sowjetunion durfte der Roman offiziell erst 1988 erscheinen. Pasternak bot sein Werk der russischen Zeitschrift Nowy Mir an, die erwartungsgemäß ablehnte.[89]

Der Journalist Iwan Tolstoi veröffentlichte 2009 ein Buch mit dem Titel Pasternaks gewaschener Roman (Verlag Wremja, Moskau 2009). Darin vertritt er die These, dass die CIA die russische Erstausgabe von Pasternaks Revolutionsepos im Westen finanzierte und so die Verleihung des Nobelpreises an den Russen im Jahr 1958 ermöglichte. Nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist veröffentlichte die US-Regierung im April 2014 Dokumente aus jener Zeit, die eine Unterstützung der Veröffentlichung durch die CIA bestätigen.

Im Ausland erschien Doktor Schiwago außer in der Originalversion noch in 18 anderen Sprachen. 1965 wurde der Roman von David Lean mit Omar Sharif und Julie Christie in den Hauptrollen verfilmt; der Film wurde mit fünf Oscars ausgezeichnet. Es ist bis heute die populärste Verfilmung.  2006 wurde die wohl umfangreichste Verfilmung durch den Regisseur Alexander Proschkin realisiert. In der 12-teiligen TV-Produktion spielt Oleg Menschikow die Titelpartie und Tschulpan Chamatowa ist als Lara zu sehen.[90]

Hauptpersonen des Romans sind der Arzt und Dichter Juri Andrejewitsch Schiwago und seine Geliebte Lara Guichard.[91] Die Handlung beginnt 1903 und endet 1929; ein Epilog führt ins Kriegsjahr 1943. Der Roman schildert Schiwagos Entwicklung, vor allem die von einem sozialistisch Gesinnten zum Dissidenten.[92]

Als Waise wächst der junge Juri bei einer Pflegefamilie auf. Seine Leidenschaft gehört der Dichtkunst, doch er studiert Medizin und wird Arzt. Er heiratet Tonja, die Tochter seiner Pflegeeltern. Gleichzeitig wird die Geschichte von Lara (Larissa) Antipowa erzählt, die mit ihrem Bruder bei ihrer Mutter aufwächst. Wiktor Komarowski ist der Liebhaber ihrer Mutter, er verführt auch Lara und macht sie von sich abhängig. Sie heiratet Pawel Antipow, den sie aus der Schulzeit kennt, und zieht mit ihm in den Ural, auch um sich vom Einfluss Komarowskis zu befreien.[93]

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wird Juri an der Front als Arzt gebraucht, wo er Lara kennenlernt. Sie hat sich freiwillig als Krankenschwester gemeldet, um nach ihrem Mann zu suchen. Sie verlieben sich ineinander, doch ihre Wege trennen sich nach der Zeit im Lazarett. Juri kehrt zu seiner Familie zurück.

Nach einem Umzug mit seiner Familie auf ein ländliches Anwesen namens Warykino trifft er Lara in der nahegelegenen Stadt Jurjatin. Sie bleiben stets in Kontakt und ihre Beziehung wird immer enger. Eines Tages wird Juri im von Rot- und Weißgardisten geführten Russischen Bürgerkrieg von einigen Rotgardisten entführt, die ihn als Feldarzt in ihrer in den Wäldern versprengten Einheit brauchen. Nach langer Zeit kann er schließlich fliehen und kehrt nach Warykino zurück. Seine Familie ist von dort weggezogen und ins Ausland emigriert. Schiwago holt Lara zu sich, sie lieben sich und wollen für immer zusammenbleiben.

Die beiden schweben jedoch in höchster Gefahr, da Laras Mann, mittlerweile ein Revolutionsheld, bei den Kommunisten in Ungnade gefallen ist. Komarowski taucht auf und bietet seine Hilfe an. Er überredet Lara, mit ihm ins Ausland zu fliehen, Juri unterstützt dies um Laras Sicherheit willen. Er leidet sehr unter der Abwesenheit Laras. Nach einiger Zeit kehrt er zurück nach Moskau, wo er mit Marina zusammenlebt. Er vermisst Lara jedoch immer noch sehr und wird geistig und körperlich immer schwächer.

Er stirbt auf offener Straße an einer Herzkrankheit. Nach seinem Tod unterstützt Lara Juris Halbbruder Jewgraf bei der Sichtung und Veröffentlichung von Juris Unterlagen und Gedichten.[94]

Das Buch schildert eingehend die Zustände der in der Anomie des Bürgerkriegs versinkenden Sowjetunion, was besonders die Ablehnung durch die Staatsmacht zur Folge hatte.

Als Pasternak 1958 der Nobelpreis für Literatur „für seine bedeutende Leistung sowohl in der zeitgenössischen Lyrik als auch auf dem Gebiet der großen russischen Erzähltradition“ – also wohl vorwiegend für „Doktor Schiwago“[95] – verliehen werden sollte, nahm er diesen zwar zunächst an, lehnte aber später auf Druck der sowjetischen Obrigkeit ab. Pasternak wollte, wie aus einem persönlichen Brief an Chruschtschow hervorgeht, trotz aller Angriffe auf ihn und seine Arbeit auf keinen Fall Russland verlassen. Außerdem wurde er in der Folge aus dem Schriftstellerverband der UdSSR ausgeschlossen. Aus einem persönlichen Brief Pasternaks an Chruschtschow geht hervor, dass Pasternak trotz aller Angriffe auf ihn und seine Arbeit auf keinen Fall die Sowjetunion verlassen wollte.[96]

Im Zuge der kulturpolitischen Liberalisierung in der UdSSR wurde Pasternak am 23. Februar 1987 rehabilitiert und posthum wieder in den Schriftstellerverband der UdSSR aufgenommen und sein Roman Dr. Schiwago sollte in einer sowjetischen Zeitung veröffentlicht werden. Pasternaks Sohn nahm 1989 in einer besonderen Zeremonie den Nobelpreis in Stockholm stellvertretend an.

Die Stadt im Ural, in der Schiwago Lara wieder trifft, heißt im Roman Jurjatin und steht sinnbildlich für Perm. Hier hat der Autor einige Jahre während des Zweiten Weltkriegs verbracht. Auch das alte Anwesen Warykino, in dem Schiwago lebt, hat unweit der Stadt ein reales Gegenstück, das genau wie das im Roman beschriebene aussieht und deswegen eine Touristenattraktion geworden ist. Das Vorbild für Lara soll Pasternaks langjährige Geliebte Olga Iwinskaja gewesen sein.[97]

Voller Pläne und Ideen für weitere Gedichte und einen Roman starb Boris Pasternak am 30. Mai 1960 in Peredelkino an einem Herzinfarkt und starken Magenblutungen.[98] Außerdem wurde ein Lungenkrebs im Anfangsstadium festgestellt. Im Zuge der kulturpolitischen Liberalisierung in der UdSSR wurde Pasternak am 23. Februar 1987 rehabilitiert und postum wieder in den Schriftstellerverband der UdSSR aufgenommen und sein Roman Dr. Schiwago sollte in einer sowjetischen Zeitung veröffentlicht werden.[99] In einer besonderen Zeremonie nahm sein Sohn den von Pasternak 1958 abgelehnten Nobelpreis im Jahr 1989 in Stockholm stellvertretend für seinen Vater an.

 


[1] Stender Petersen, A.: Geschichte der russischen Literatur. 5. Auflage, München 1993, S. 156

[2] Lettenbauer, W.: Die russische Literatur. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Hg. Walter Jens. München 1996, Bd. 20, S. 379-385, hier S. 383

[3] Jordan, J. P.: Geschichte der russischen Literatur - nach russischen Quellen. 1. Auflage, München 2008, S. 15ff

[4] Schick, D.: Tauwetter, in: Diner, D.: (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 6, Stuttgart/Weimar 2015, S. 43–48, hier S. 45

[5] Lettenbauer, W.: Die russische Literatur. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Hg. Walter Jens. München 1996, Bd. 20, S. 379-385, hier S. 383

[6] Lauer, R.:: Ilja Erenburg und die russische Tauwetter-Literatur, Göttingen 1975, S. 17

[7] Jordan, J. P.: Geschichte der russischen Literatur - nach russischen Quellen. 1. Auflage, München 2008, S. 36

[8] Schick, D.: Tauwetter, in: Diner, D.: (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 6, Stuttgart/Weimar 2015, S. 43–48, S. 43

[9] Lauer, R.: Funktion der Literatur in der Literatur. Die literarischen Anspielungen in Ilja Ehrenburgs Roman „Ottepel’“ in: Rammelmeyer, A./ Giesemann, G. (Hrsg.): Ost und West. Band 2: Aufsätze zur slavischen und baltischen Philologie und allgemeinen Sprachwissenschaft, Wiesbaden 1977, S. 138–152, hier S. 144

[10] Schröder, R.: Anmerkungen. Ilja Ehrenburg über Literatur – Epochensicht, Kunstprogramm, Autobiographie. In: Ilja Ehrenburg: Über Literatur, Essays, Reden, Aufsätze. Tauwetter, Roman, Berlin 1986, S. 537–567, hier S. 539

[11] Kasack, W.: Die russische Literatur des 20. Jahrhunderts. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Hg. Walter Jens. München 1996, Bd. 20, S. 386-392, S. 388

[12] Schick, D.: Tauwetter, in: Diner, D.: (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 6, Stuttgart/Weimar 2015, S. 43–48, hier S. 44

[13] Lauer, R.:: Ilja Erenburg und die russische Tauwetter-Literatur, Göttingen 1975, S. 23

[14] Lauer, R.: Funktion der Literatur in der Literatur. Die literarischen Anspielungen in Ilja Ehrenburgs Roman „Ottepel’“ in: Rammelmeyer, A./ Giesemann, G. (Hrsg.): Ost und West. Band 2: Aufsätze zur slavischen und baltischen Philologie und allgemeinen Sprachwissenschaft, Wiesbaden 1977, S. 138–152, hier S. 150

[15] Lauer, R.:: Ilja Erenburg und die russische Tauwetter-Literatur, Göttingen 1975, S. 16

[16] Lauer, R.:: Ilja Erenburg und die russische Tauwetter-Literatur, Göttingen 1975, S. 52

[17] Kasack, W.: Die russische Literatur des 20. Jahrhunderts. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Hg. Walter Jens. München 1996, Bd. 20, S. 386-392, hier S. 389

[18] Frank, H.: Grundlagen der russischen Literatur, Bonn 1994, S. 89f

[19] Jordan, J. P.: Geschichte der russischen Literatur - nach russischen Quellen. 1. Auflage, München 2008, S. 166f

[20] Grollmann, N.: Geschichte der Sowjetunion, Berlin 1986, S. 90

[21] Lauer, R.: Geschichte der russischen Literatur, München 2000, S. 189

[22] Lauer, R.:: Ilja Erenburg und die russische Tauwetter-Literatur, Göttingen 1975, S. 58

[23] Klimoff , A.(Hrsg.): One Day in the Life of Ivan Denisovich. A Critical Companion, Evanston 1997, S. 17

[24] Porter, R.: Solzhenitsyn's One Day in the Life of Ivan Denisovich, Bristol 1997, S. 31f

[25] Kasack, W.: Die russische Literatur des 20. Jahrhunderts. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Hg. Walter Jens. München 1996, Bd. 20, S. 386-392, hier S. 390

[26] Medina, L. (Hrsg.): Readings on One Day in the Life of Ivan Denisovich, San Diego 2001, S. 32

[27] Bartmann, R.: Der Zusammenhang zwischen der Gefühls- und der Sprachwelt der Personen in Ein Tag des Ivan Denisovič von A. I. Solženicyn, Erlangen-Nürnberg 1978, S. 74

[28] Lauer, R.: Geschichte der russischen Literatur, München 2000, S. 187

[29] Grollmann, N.: Geschichte der Sowjetunion, Berlin 1986, S. 92

[30] Lauer, R.:: Ilja Erenburg und die russische Tauwetter-Literatur, Göttingen 1975, S. 78

[31] Grollmann, N.: Geschichte der Sowjetunion, Berlin 1986, S. 93

[32] Lettenbauer, W.: Die russische Literatur. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Hg. Walter Jens. München 1996, Bd. 20, S. 379-385, hier S. 383

[33] Kasack, W.: Die russische Literatur des 20. Jahrhunderts. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. Hg. Walter Jens. München 1996, Bd. 20, S. 386-392, hier S. 390

[34] Lauer, R.: Geschichte der russischen Literatur, München 2000, S. 202

[35] Lauer, R.:: Ilja Erenburg und die russische Tauwetter-Literatur, Göttingen 1975, S. 79

[36] Lauer, R.:: Ilja Erenburg und die russische Tauwetter-Literatur, Göttingen 1975, S. 82

[37] Grollmann, N.: Geschichte der Sowjetunion, Berlin 1986, S. 93

[38] Hauer, J.: Russland und die Heloten der Freiheit, Köln 1998, S. 48ff

[39] Schröder, R.: Die gute Absicht, die Realität und neue Alternativen. Das Werk des Aufklärers Tendrjakow in der jüngsten Sowjetliteratur. In: Wladimir Tendrjakow: Drei, Sieben, As, Leipzig 1980, S. 311-334, hier S. 321

[40] Holtmeier, K.: Religiöse Elemente in der sowjetrussischen Gegenwartsliteratur. Studien zu V. Rasputin, V. Šukšin u. V. Tendrjakov, Bern u.a. 1986, S. 75

[41] Schröder, R.: Die gute Absicht, die Realität und neue Alternativen. Das Werk des Aufklärers Tendrjakow in der jüngsten Sowjetliteratur. In: Wladimir Tendrjakow: Drei, Sieben, As, Leipzig 1980, S. 311-334, hier S. 330

[42] Specht, B.: Die Lyrik Bella Achmadulinas. München 2005, S. 17f

[43] Lauer, R.: Geschichte der russischen Literatur, München 2000, S. 206

[44] Specht, B.: Die Lyrik Bella Achmadulinas. München 2005, S. 67

[45] Lauer, R.: Geschichte der russischen Literatur, München 2000, S. 208f

[46] Lauer, R.: Geschichte der russischen Literatur, München 2000, S. 206

[47] Stender Petersen, A.: Geschichte der russischen Literatur. 5. Auflage, München 1993, S. 247

[48] Jordan, J. P.: Geschichte der russischen Literatur - nach russischen Quellen. 1. Auflage, München 2008, S. 222

[49] Frank, H.: Grundlagen der russischen Literatur, Bonn 1994, S. 243

[50] Lauer, R.: Geschichte der russischen Literatur, München 2000, S. 206

[51] Jordan, J. P.: Geschichte der russischen Literatur - nach russischen Quellen. 1. Auflage, München 2008, S. 196

[52] Orlova, R./Kopelew, L.: Zeitgenossen – Meister – Freunde, München 1989, S.20

[53] Schmitter, E.: Anna Achmatowa. Herzschlag der Erinnerung. in: Leidenschaften. 99 Autorinnen der Weltliteratur. Bertelsmann, München 2009, S. 75

[54] Kusmina, J.: Anna Achmatowa. Ein Leben im Unbehausten. Biographie, Berlin 1993, S. 62

[55] Schmitter, E.: Anna Achmatowa. Herzschlag der Erinnerung. in: Leidenschaften. 99 Autorinnen der Weltliteratur. Bertelsmann, München 2009, S. 77

[56] Tschukowskajy, L.: Aufzeichnungen über Anna Achmatowa (= Edition Orient – Occident. Band 7),  Tübingen 1987, S. 29f

[57] Orlova, R./Kopelew, L.: Zeitgenossen – Meister – Freunde, München 1989,  S. 23

[58] Tschukowskajy, L.: Aufzeichnungen über Anna Achmatowa (= Edition Orient – Occident. Band 7),  Tübingen 1987, S. 37

[59] Dalos, G.: Der Gast aus der Zukunft – Anna Achmatowa und Isaiah Berlin, Hamburg 2002, S. 57f

[60] Orlova, R./Kopelew, L.: Zeitgenossen – Meister – Freunde, München 1989, S.18f,

[61] Kusmina, J.: Anna Achmatowa. Ein Leben im Unbehausten. Biographie, Berlin 1993, S. 43

[62] Brodsky, J.: Flucht aus Byzanz. Essays, München 1988, S. 93

[63] Tschukowskajy, L.: Aufzeichnungen über Anna Achmatowa (= Edition Orient – Occident. Band 7),  Tübingen 1987, S. 69

[64] Dalos, G.: Der Gast aus der Zukunft – Anna Achmatowa und Isaiah Berlin, Hamburg 2002, S. 127

[65] Kusmina, J.: Anna Achmatowa. Ein Leben im Unbehausten. Biographie, Berlin 1993, S. 75

[66] Volkov, S.: St. Petersburg. A Cultural History, New York 1995, S. 120

[67] Henseler, D.: Texte in Bewegung. Anna Achmatovas Spätwerk (= Slawische Literaturen. Band 33), Frankfurt am Main u. a. 2004, S. 77

[68] Brodsky, J.: Flucht aus Byzanz. Essays, München 1988, S. 76

[69] Kusmina, J.: Anna Achmatowa. Ein Leben im Unbehausten. Biographie, Berlin 1993, S. 64

[70] Tschukowskajy, L.: Aufzeichnungen über Anna Achmatowa (= Edition Orient – Occident. Band 7),  Tübingen 1987, S. 76

[71] Henseler, D.: Texte in Bewegung. Anna Achmatovas Spätwerk (= Slawische Literaturen. Band 33), Frankfurt am Main u. a. 2004, S. 97

[72] Tschukowskajy, L.: Aufzeichnungen über Anna Achmatowa (= Edition Orient – Occident. Band 7),  Tübingen 1987, S. 80

[73] Belentschikow, V.: Zur Poetik Boris Pasternaks. Der Berliner Gedichtzyklus 1922–1923. Vergleichende Studien zu den slawischen Sprachen und Literaturen. Bd 2.,  Frankfurt am Main u.a. 1998, S. 16

[74] Fischer, C.: Musik und Dichtung. Das musikalische Element in der Lyrik Pasternaks, München 1998, S. 38ff

[75] Hepp, U. Untersuchungen zur Psychostilistik. Am Beispiel des Briefwechsels Rilke – Cvetaeva – Pasternak, Wiesbaden 2000 , S. 45

[76] Greber, E.: Intertextualität und Interpretierbarkeit des Texts. Zur frühen Prosa Boris Pasternaks. Theorie und Geschichte der Literatur und der schönen Künste. Reihe C, Ästhetik, Kunst und Literatur in der Geschichte der Neuzeit, München 1989, S. 31

[77] Evans-Romains, K.: Boris Pasternak and the tradition of German Romanticism, München 1997, S. 67

[78] Ruge, G.: Pasternak. Eine Bildbiographie, München 1958, S. 35

[79] Dorzweiler, S. (Hrsg.): Beiträge zum Internationalen Pasternak-Kongress 1991 in Marburg. Osteuropastudien der Hochschulen des Landes Hessen. Reihe 2. Marburger Abhandlungen zur Geschichte und Kultur Osteuropas,  München 1993, S. 72

[80] Döring, J. R.: Die Lyrik Pasternaks in den Jahren 1928–1934, München 1973, S. 24

[81] Ebd., S. 29

[82] Fischer, C.: Musik und Dichtung. Das musikalische Element in der Lyrik Pasternaks, München 1998, S. 89

[83] Greber, E.: Intertextualität und Interpretierbarkeit des Texts. Zur frühen Prosa Boris Pasternaks. Theorie und Geschichte der Literatur und der schönen Künste. Reihe C, Ästhetik, Kunst und Literatur in der Geschichte der Neuzeit, München 1989, S. 92

[84] Döring, J. R.: Die Lyrik Pasternaks in den Jahren 1928–1934, München 1973, S. 102

[85] Ruge, G.: Pasternak. Eine Bildbiographie, München 1958, S. 89

[86] Belentschikow, V.: Zur Poetik Boris Pasternaks. Der Berliner Gedichtzyklus 1922–1923. Vergleichende Studien zu den slawischen Sprachen und Literaturen. Bd 2.,  Frankfurt am Main u.a. 1998, S. 96

[87] Greber, E.: Intertextualität und Interpretierbarkeit des Texts. Zur frühen Prosa Boris Pasternaks. Theorie und Geschichte der Literatur und der schönen Künste. Reihe C, Ästhetik, Kunst und Literatur in der Geschichte der Neuzeit, München 1989, S. 62

[88] Dorzweiler, S. (Hrsg.): Beiträge zum Internationalen Pasternak-Kongress 1991 in Marburg. Osteuropastudien der Hochschulen des Landes Hessen. Reihe 2. Marburger Abhandlungen zur Geschichte und Kultur Osteuropas,  München 1993, S. 82

[89] Evans-Romains, K.: Boris Pasternak and the tradition of German Romanticism, München 1997, S. 37

[90] Borowsky, K.: Kunst und Leben. Die Ästhetik Boris Pasternaks. Germanistische Texte und Studien. Bd 2, Hildesheim u.a. 1976, S. 36

[91] Greber, E.: Intertextualität und Interpretierbarkeit des Texts. Zur frühen Prosa Boris Pasternaks. Theorie und Geschichte der Literatur und der schönen Künste. Reihe C, Ästhetik, Kunst und Literatur in der Geschichte der Neuzeit, München 1989, S. 62

[92] Reschke, T. (Hrsg.) Doktor Schiwago. 1958/1987; aktuelle Ausgabe, Frankfurt am Main 2011, S. 10

[93] Meyer, A.: „Sestra moja – zizn“ von Boris Pasternak. Analyse und Interpretation, München 1987, S. 75ff

[94] Hepp, U. Untersuchungen zur Psychostilistik. Am Beispiel des Briefwechsels Rilke – Cvetaeva – Pasternak, Wiesbaden 2000, S. 82

[95] Reschke, T. (Hrsg.) Doktor Schiwago. 1958/1987; aktuelle Ausgabe, Frankfurt am Main 2011, S. 8

[96] Meyer, A.: „Sestra moja – zizn“ von Boris Pasternak. Analyse und Interpretation, München 1987, S. 26

[97] Iwinskaja, O.: Meine Zeit mit Pasternak. Lara,  Hamburg 1978,

[98] Evans-Romains, K.: Boris Pasternak and the tradition of German Romanticism, München 1997, S. 126

[99] Borowsky, K.: Kunst und Leben. Die Ästhetik Boris Pasternaks. Germanistische Texte und Studien. Bd 2, Hildesheim u.a. 1976, S. 62







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