Buchtipps von Michael Lausberg
Buch 1
Lydia Polwin-Plass/Michael Gläser: Wacken – das perfekte Paralleluniversum. Was die Gesellschaft von Metalheads lernen kann, Hirnkost, Berlin 2022, ISBN: 978-3-94945-272-7, 29 EURO (D)
In Bezug auf Metalheads halten sich hartnäckige negative Vorurteile. Bei keiner anderen Gruppe von musikliebhabenden Menschen ist die Wahrnehmung in der Gesellschaft so fern von der Realität. Um dies zu korrigieren, haben sich die Metalheads Michael Gläser und Lydia Polwin-Plass veranlasst gesehen, in diesem Buch das Gegenteil zu widerlegen und die sozialen Aspekte der Metalszene herauszustellen. „Wir zeigen, wie sich der Metalhead verhält – allein, in der Gruppe und in der Gesellschaft, was ihm besonders am Herzen liegt, welche Gefühlswelten er durchläuft und welche Werte ihm wichtig sind. Vor allem werden wir erklären, wie die Gemeinschaft der Metalheads funktioniert und warum ihr soziales Verhalten als gesamtgesellschaftliches Vorbild gewertet werden kann.“ (S. 9)
Dies wird anhand des Wacken-Open-Air, ein „Paralleluniversum“ und Treffpunkt der Community von Band und Fans aus der ganzen Welt.
Im ersten Kapitel geht es um Vorurteile, Fremdzuschreibungen und sogar das Feindbild Heavy Metal. Nicht nur die Tatsache, dass es in Saudi-Arabien, dem Iran oder Afghanistan Bands und Fans gibt, die meist im Untergrund ihre Passion ausleben, sondern auch die staatlich-religiösen Verbote und Strafen werden dort skizziert.
Anschließend werden Verhaltensweisen, Codes, Outfits, Bewegungsformen, Gigs, Rituale, Kultobjekte, Ernährung auf den Festivals und die Logistik besprochen.
Danach steht das Wacken Open Air, seine Geschichte, das nahe gelegene Dorf, die Bedeutung des Festivals für die Region und Zahlen im Mittelpunkt. Emotionen vor, während und danach folgen anschließend.
Danach geht es um den weit verbreiteten Wertekodex: Friedfertigkeit, Toleranz, Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft.
Viele Metalheads und Musiker*innen engagieren sich in sozialen Projekten und versuchen dazu beizutragen, die Welt ein wenig besser zu machen. Dies wird an unzähligen Beispielen im folgenden großen Block verifiziert. Wie die Barber Angels, die kostenlos obdachlosen Menschen die Haare schneiden, um ihnen ein wenig Würde und Selbstbewusstsein zurückzugeben. Oder das Engagement einer Gebärdensprachendolmetscherin auf dem Festival seit 2019, die gehörlosen Besucher*innen mit ästhetischen Bewegungen in Gebärdensprache die Texte der Headliner vermittelt.
Nicht nur diese Bereiche werden mit Leben gefüllt, sondern auch die Rotarian-Metalhead-Fellowship, Blutspenden, Erfüllung des letzten Wunsches, Inklusion oder Tierliebe.
Danach gibt es einen Überblick über die globale Heavy Metal Community und der W.O.A Metal Battle, das World Metal Camp, Metal is Peace, die Facebook-Gruppe des W.O.A. und die Xing-Gruppe.
Es wird deutlich: Das Paralleluniversum Wacken zeigt den ungeschriebenen Kodex der Szene: Rücksichtnahme, Toleranz, Pluralität, Hilfsbereitschaft und Inklusion.
Zwischendurch gibt Gespräche mit Musiker*innen, Veranstalter*innen, Einsatzkräften, verschiedenen Metalheads und Nicht-Metalheads.
Nach einem Nachwort gibt es noch Kurzprofile der Interviewpartner*innen. Ein Register und ein Literaturverzeichnis oder Audioverzeichnis fehlen leider.
Das Anliegen des Buches, die Wahrnehmung der Metalszene durch die Gesellschaft zu verändern und neue Blickwinkel und Perspektiven zu zeigen, wird mehr als erreicht. Wobei schon Medienberichte und eigene Geschichten der Fans in dieselbe Richtung gingen.
Es wird deutlich, dass die Musik die kleinste Klammer für ein soziales Miteinander von Menschen aus allen Ländern und Kulturen ist. So heterogen die Fanbasis ist, das Hören und Spielen von Musik ist gemeinschaftsbildend.
Buch 2
Christoph Ulmer: Palladio, Ulmer, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-8186-0721-0, € 68,00
Dieses Buch ist nicht nur eine Würdigung des Architekten Andrea Palladio und seiner zahlreichen Bauten. Als Ergänzung zu den zahlreichen Werken über Palladio werden hier Schwerpunkte behandelt, die in der Forschung zu kurz kommen. Dies ist einerseits das venezianische Erbe Palladios und andererseits das Verhältnis von Palladios Villen zu Garten und Landschaft.
Das Buch beginnt mit einer allgemeinen Biografie Palladios und seiner grundlegenden Werke und seines Stils.
Danach wird das venezianische Erbe Palladios und sein Verhältnis zur Fassade dargestellt. Dazu werden die Traditionen und Grundprinzipien venezianischer Architektur, auf das sich Palladio beziehen musste, wenn es Erfolg haben wollte, referiert. Palladio sorgte für eine Fortentwicklung, indem er den einzelnen Elementen antikes Volumen, Masse und Kraft gibt, und doch den dekorativen Gesamtcharakter, die Hell-Dunkeleffekte, mitberücksichtigt.
Danach geht es um die Widerlegung der klassizistischen Vereinnahmung für die Villen Palladios eine Öffnung zum Garten und eine Einbindung der Natur zu behaupten. Dagegen wird die These aufgestellt, dass die meisten seiner Villen eine offensichtlich gewollte Störung des Verhältnisses zwischen Innen und Außen. In diesem wichtigen Punkt unterscheiden sich alle seine Werke von den Idealen der Renaissance.
Als Hintergrundinformationen gibt es danach zwei Kapitel zu Funktionen und Form einer Villa und die venezianische Villa vor Palladio. Aufbauend darauf hat er sie perfektioniert und aus eher einfachen, traditionellen Bauten geistreiche Kunstwerke gemacht. Dies wird danach an verschiedenen frühen Beispielen von der Villa Godi in Lugo bis zur Villa Saraceno in Finale demonstriert.
Unter den klassischen Villen Palladios wird anschließend die Unterscheidung zwischen der Villa als Landgut und der Villa als repräsentativen Landhaus in der Nähe einer Stadt, die beide unterschiedliche Formen haben, aber besonders das Verhältnis zu Garten und Landschaft betreffen. Zuerst werden an den Beispielen der Villa Emo in Fanzolo, der Villa Badoer in Fratta Polesine und der Villa Barbaro in Maser die Villen als Landgut behandelt. Die Villa Barbaro nimmt dabei eine Ausnahmestellung ein: sein Auftraggeber wirkte wesentlich an der Planung mit, deshalb unterschied sie sich von anderen Villenbauten Palladios.
Danach geht es um die Villen, die am Rand einer Stadt stehen (ville suburbare). Seine berühmteste Villa Foscari in Malcontenta wird etwas ausführlicher als die anderen Beispiele wie die Villa Pisani in Montagnana, der Palazzo Antonini in Udine, die Villa Cornaro in Piombino Dese und die Villa Almerico in Vicenza.
Anschließend wird Palladios Rezeption der Antike (Vitruv) im Entwurf von Villen behandelt. Als einzige noch fragmentarisch erhaltene Art von Villa wird diejenige in Santa Sofia di Pedemonte behandelt.
Danach geht es um Stadthäuser, vielmehr deren Fassaden, die sich durch das Ausloten der Möglichkeiten der Kombination von Säulen und Wand, von antikem Tempel und modernen Wohnhaus ergab. Dies blieben bis um 1900 vorbildlich. Als Beispiele werden seine Stadthäuser in Vicenza und Palladios Raum im Teatro Olimpico präsentiert.
Palladios Kirchen und Klöster, die weniger bekannt sind als seine Villen und Stadthäuser, aber für die Architekturgeschichte von gleicher Bedeutung sind, werden dann vorgestellt.
Im letzten Abschnitt geht es um Palladios Erbe. Schwerpunkte sind dabei der Kirchenbau nach Palladio, die barocke Profanarchitektur und Palladios Erbe in Venedig.
Zum Abschluss setzt Ulmer sich mit dem Begriff des Palladianismus auseinander, beschränkt ihn auf jenen Bereich seiner Nachfolge, auf die er stilistisch anwendbar ist, und stellt die Frage, woher die Begeisterung für Palladios Formen in der gesamten Welt herrührt.
Im Anhang gibt es zunächst eine Bibliografie der im Text erwähnten Werke, es folgt ein Register der Orte und Namen, wobei Abbildungen kursiv erscheinen und Palladios Werke mit Abbildungen fett. Nach demselben Schema ist auch das folgende Verzeichnis der Bauten Palladios aufgemacht.
Hier werden vernachlässigte Aspekte der Forschung beleuchtet, systematisch dargestellt und anhand vielen Objekten auch belegt oder bisherige Ansichten widerlegt. Die vielen großformatigen Bilder sind detailreich und werden gut zum Text ergänzt. Die Besonderheit dabei ist, dass sie von einem Kranwagen aufgenommen wurden und von daher viele Details und neue Perspektiven bieten.
Es fehlt allerdings unverständlicherweise ein Text auf der Rückseite, das kurz in das Buch einführt.
Buch 3
Rafael Chirbes: Von Zeit zu Zeit. Tagebücher 1984-2005, Antje Kunstmann, München 2022, ISBN: 978-3-95614-512-4, 34 EURO (D)
Rafael Chirbes galt als einer der wichtigsten spanischen Autoren der Gegenwart. Chirbes beschrieb die Stagnation während der mehr als eine Generation dauernden Diktatur, die kleinbürgerliche, phantasielose Enge. In seinem Roman „Der lange Marsch“ wird generationenübergreifend vom Schicksal von sieben Familien in der Zeitspanne von 1940 bis 1970 erzählt. Er starb im Jahre 2015.
In den Tagebuch-Aufzeichnungen, die von Chirbes' Anfängen als Schriftsteller bis kurz vor Veröffentlichung von "Krematorium" reichen, zeigt sich ein sensibler und scharf beobachtender Geist.
In der Einleitung stellt Heinrich von Berenberg fest: „Das Werk geht weit über eine Chronik hinaus, in der Leben, Meinungen und Gedanken des Rafael Chirbes nebeneinanderstehen. Im Ergebnis ist dieses sorgfältige Konstrukt eine Art kommentierter Lebensroman, in dem die Innenwelt eines der ganz großen spanischen Autoren der Nach-Franco-Phase mit manchmal fast schmerzhafter Helligkeit ausgeleuchtet ist.“ (S. 7)
Das Werk ist in zwei große Teilbereiche untergliedert. Zunächst wird die Zeit von 1984 bis 1992 behandelt, danach die Zeit vom August 1993 bis März 2005.
Der erste Teil des Buches beschäftigt sich stark mit Sexualität, die Angst vor AIDS und eine Reflexion über Leben und Tod, Angst vor dem Alleinsein, Selbstzweifel und auch von seiner Zeit als junger Schriftsteller.
Im zweiten Teil steht ebenfalls seine Sexualität im Vordergrund. Dort geht er mehr auf das gesellschaftliche Klima in Spanien gegenüber Homosexualität ein, ein scheinbar tolerantes, durch rigiden Katholizismus im Inneren geprägtes Partner- und Familienbild. Sein ausschweifendes Leben und seine Weltflucht im Alkohol, Phasen des unaufhörlichen Arbeiten an seinen Romanen und dazwischen immer wieder depressive Phasen.
Das Altern beschäftigt ihn auch, der Verlust von geistiger und körperlicher Frische.
Trotz seiner Erfolge und seines wachsendes Ansehens als Schriftsteller plagen ihn immer wieder Versagensängste und Selbstzweifel. Mit einer Mischung aus Minderwertigkeitsgefühlen und Stolz auf seine Herkunft betont er immer wieder sein prägendes Wesen des Arbeitermilieus und bezieht sich dabei oft auf Marx. In der oft eitlen wie großbürgerlich geprägten Literatur- und Kulturszene fühlte er sich immer irgendwie als Außenseiter oder Eindringling.
Die Erinnerung an Vater und die Mutter ist bewegend, besonders die Passagen, wie er mitansehen muss, wie seine Mutter immer mehr abbaut und ihr Gedächtnis verliert. Die Erinnerungen an seine arme und entbehrungsreiche Kindheit hat er in vielen seiner Werke mitverarbeitet.
Seine Selbstfindung als Mensch und die Frage danach, was den Menschen ausmacht, ist auch ein großes Thema. Die Antworten dazu sucht er bei Nestoren der Literatur, Soziologie und Philosophie, die in seinen Werken oder Essays ebenfalls mit einfließen. Auch in der Kunst (Caravaggio) sucht er Antworten. Chirbes ist nicht nur ein Suchender, sondern hat auch einen hohen Anspruch an sich selbst als Schriftsteller. Manchmal einen zu hohen, wenn er deshalb depressive oder zerstörerisch-nihilistische Gedanken hegt.
Es ist aber nicht nur ein innerliches Panorama, was er hier ausbreitet. Es gibt auch extrovertierte, scharfe Kritik an Schriftstellerkollegen und Kulturschaffende, die oft nicht den Mut hätten, brisante Themen anzufassen und zu brav für Herrschende in Gesellschaft und Staat seien. Einerseits eine Abrechnung andererseits ein Produkt der eigenen Abgrenzung.
Es ist interessant, seine Meinungen über Schriftsteller, Künstler, Werke und Gedanken zu verfolgen. Einige noch lebende werden davon nicht angetan sein. Natürlich setzt sich Rafael Chirbes mit der Ära des Franquismus und der spanischen Gegenwart auseinander und ist dabei gewohnt direkt. Posthum schafft er es, noch Akzente zu setzen.
Das, was das Buch vor allem auszeichnet, ist die Möglichkeit, den Autor von seiner intimsten Seite kennenzulernen. Abgründe, Ängste, Gefühlsschwankungen, Mut und Demut werden hier aufrichtig, ehrlich und ohne falsche Scham ausgebreitet.
Buch 4
Anette Baumgarten: Alltagsmagie, Freya, Linz 2022, ISBN: 978-3-99025-452-3, 24,90 EURO (D)
In diesem Buch geht es um praktischen Zauber und Alltagsmagie. Basierend auf Märchen, Mythen und alten Zaubern wird eine Vielzahl an magischen Methoden sowie kleine und größere Rituale mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen vorgestellt.
Zuerst werden das magische Denken, dessen Prinzipien und Wirken dargestellt. Danach werden die Grundlagen der magischen Reinigung, Schutz und Segen skizziert. Das Zaubern mit kosmischen Kräften wird anhand von verschiedenen Traditionen und Anwendungsbereichen wie Sonne, Mond, Zahlen oder Wochentagen dann behandelt. Bestimmten Worten und Klängen wohnt eine besondere Kraft inne. Dazu werden Zauber-Gesänge und Lieder vorgestellt. Anschließend werden Räucherungen, magische Öle, Kerzenzauber und Blütenwässer kurz skizziert.
Danach geht es um traditionelle magische Verknüpfungen. Dazu gibt es eine Tabelle mit einer Auswahl, wobei es in erster Linie um magische und energetische Verwendungen der Stoffe geht.
Den größten Teil nimmt die folgende Zaubersammlung ein, wo alltagsmagische Rezepte, Rituale und Anleitungen zusammengestellt wird. Dabei handelt es sich zum Teil um überlieferte Zauber, zum Teil um Zauber aus dem persönlichen Gebrauch der Autorin. Es geht unter anderem um Reinigung für sich und das Haus, Schutz für sich selbst, das Haus und seine Bewohner, Glück und Segen, Gesundheit, Liebe, Beruf, Finanzen, bei Problemen, Haus- und Naturgeister, Schlafen und Träumen sowie Wunschzauber.
Zuerst wird der Zauber beschrieben, danach folgt immer eine Information, was man dafür braucht und die Anleitung.
Den Abschluss bilden verschiedene Segenssprüche aus unterschiedlichen Traditionen.
Im Anhang gibt es noch ein Literaturverzeichnis, Links und die Endnoten.
Hier werden viele Anregungen und Beispiele für natürliche magische Rituale aus früheren Zeiten vorgestellt. Das Buch hat den Vorteil, dass es mit Alltagsgegenständen und mit Singen oder Sprechen arbeitet, so dass wenig Vorbereitungszeit und notwendige Materialien gebraucht werden.
Die meisten Sachen sind also recht einfach umzusetzen, so dass das Buch vor allem für Neueinsteiger geeignet ist.
Buch 5
Daniel Savini: Professionelle Studiofotografie. Masterclass Workshop, 2. Auflage, dpunkt, Heidelberg 2018, ISBN: 978-3-86490-475-2, 44,90 EURO (D)
Dennis Savini ist ein erfolgreicher Fotograf in der Werbewelt, besitzt ein Studio in Zürich und hat Workshops in Europa und Asien gegeben. Dies ist ein Workshopbuch für die Studiofotografie, das sich an angehende Profis und ambitionierte Amateurfotografen richtet, und vor allem handwerkliches Können als Basis der Kreativität beibringen möchte. Außerdem will es professionelle Fotografen neue Reize und Perspektiven vermitteln und als Nachschlagewerk dienen.
Das Buch erklärt im einleitenden Teil von der Ideenfindung über die Studioplanung, Licht, Beleuchtung, Sicht, Perspektive, Kamera und Objektivwahl alles Wesentliche in einfacher und klarer Weise.
Der Workshopteil ist aber der weitaus größere Teil des Buches. Dieser Praxisteil zeigt ganzseitig Meisterleistungen der Studiofotografie und ihre Entstehung auf mehreren Seiten mit Aufbaulayout und allen notwendigen Schritten, die zum Endresultat führten. Die Endresultate sind natürlich auch zu sehen, immer auch eine Skizze mit Utensilien, Beleuchtung und sonstigen Equipment. Dazu gibt es eine Tabelle mit technischen Daten zur Kamera, dem Format, dem Objektiv, der Belichtung bzw. Blende, Blitzlicht, Untergrund und sonstige Sachen wie Bildverarbeitung.
Reich illustriert und in zahlreichen bebilderten Beispielen werden die Bereiche Sachfotografie, Still life, Industrie, Technik, Kosmetik und Accessoires, Food, Schmuck, Uhren und Porträt erläutert. Zu jedem Bereich gibt es mindestens sechs oder mehr Beispiele, die jeweils auf zwei Seiten behandelt werden. Die Bereiche Sachaufnahmen und Porträts sind ein wenig ausführlicher als die anderen.
Im Anhang gibt es noch ein ausführliches Materialverzeichnis und ein Stichwortverzeichnis.
Savini arbeitet viel mit Licht und Schatteneffekten, was sich bei vielen Beispielen zeigt und auch im einleitenden Teil (S. 22 bis 28) zeigt. Auch die Möglichkeiten der Inszenierung zum Beispiel bei der Frische von Lebensmittelprodukten sind spannend zu sehen. Die einzelnen Phasen der Aufnahme werden verständlich erläutert und anhand von Skizzen des Set-Ups erläutert. Es werden mitunter interessante, kreative Perspektiven gewählt, die aus der Masse herausstechen.
Buch 6
Walter Pangerl: Car Stills. Modellautos in großer Pose, Verlag Anton Pustet, Salzburg 2022, ISBN: 978-3-7125-1072-5, 29 EURO (D)
Bei Walter Pangerls Fotoarbeiten arrangiert er seine etwa 10 Zentimeter großen Modelle von Autos vor historischen Aufnahmen. Abgelichtet werden die Fahrzeuge auf eine Art, wie ihre Originale aus den 1950er Jahren und später noch nie abgebildet wurden.
Dies sind Schwarzweißfotografien, die in sieben Kapitel gruppiert sind. Nach ihren Leitthemen sind die Abschnitte benannt: Stil und Charakter; Nähe; Ruhe; In Fahrt; Macht, Kraft und Tempo; mit Architektur; und mit Menschen.
Die Kapiteleinteilung ist so gewollt; beginnend in dem in sich ruhenden Modell nehmen sie zunehmend Fahrt auf bis hin zu ihrer Entflechtung in der Umwelt im Zeichen der Wechselwirkung mit Architektur und Mensch.
Jedem Foto sind kompakte Informationen beigefügt: Automarke und Baujahr sowie Maßstab und Hersteller der Modelle. Manchmal gibt es Hinweise zum eingesetzten historischen Hintergrund mit Nennung der Architekten und Entstehungsjahre der zu sehenden Gebäude und auch persönliche Regieanmerkungen, die besondere Details der Inszenierung betreffen.
Zwischen den Kapiteln gibt es drei Essays, die den Autor und Fotografen, seine Sammlung, die grundsätzlichen Herangehensweise und Intentionen vorgestellt.
Im ersten Essay von Hermann Schlösser wird Walter Prangerl als Weiterentwickler des Vorhandenen porträtiert, der seine Modellautos als Ausgangspunkt für eigenwillige fotografische Inszenierungen verwendet hat.
Andrea Traxler stellt in ihrem Essay dar: „Walter Prangerls Bilder aber haben mit allüberall zu sehender Automobilität nichts zu schaffen, denn seine sind der Ertrag einer raffinierten Unternehmung, angetrieben von der Intention, Statistisches in Bewegung bringen zu wollen. Derart motorisiert, hat er nicht nur vorbereitend verschiedenes Material akribisch ausgesucht und zusammengerückt, um Schwingungen zu erzeugen und zu bestücken, sondern auch die Kamera geführt, mit einem Blick, der das Wesentliche sieht und Proportionen einzuschätzen weiß.“ (S. 64)
Walter Titz sieht in dem Werk Prangerls die Konzentration von Inhalten zur Essenz wie bei Film-Skills, um Stimmung und Atmosphäre zu schaffen.
Wie Prangerl selbst ausführt, liegt in den Bildern und deren Komposition der Reiz, mit der Täuschung, mit der Relativität scheinbarer Wirklichkeit zu spielen. (S. 6) Seine abstrakten Bildkompositionen sind kreativ und doch wird nichts dem Zufall überlassen. Er schafft es, durch kleine minimalistische Tricks Projektionen von Wirklichkeit im Kopf des Betrachters zu erzeugen: Erinnerungen an bekannte Bilder oder Konstrukte der eigenen Phantasie.
Die Schwarzweißfotografie gibt eine Atmosphäre des Vergangenen und Erhabenen wieder.