Neuerscheinungen Sachbuch

17.12.22
KulturKultur, TopNews 

 

Buchtipps von Michael Lausberg

Buch 1

Michael Batz: Das Haus des Paul Levy. Rothenbaumchaussee 26, Dölling und Galitz Verlag, 3., aktualisierte Auflage, Hamburg/München 2022, ISBN: 978-3-86218-146-9, 32 EURO (D)

Dieses Buch stellt das Haus Rothenbaumchaussee 26 in Hamburg und seine wechselnden Bewohner*innen für die Jahre 1922 bis 1948 dar. Es umfasst also verschiedene Systeme der deutschen Geschichte: die Weimarer Republik, die NS-Zeit und die unmittelbare Nachkriegszeit.

Der Autor Michael Batz hat mit der Hilfe zahlreicher weiterer Personen akribisch die Geschichte des Hauses und seiner Bewohner*innen rekonstruiert. Dies umfasst Quellenrecherche, die Auswertungen von Archiven und Interviews mit Nachkommen.

Seit seinem Erscheinen im Oktober 2021 hat das Buch zahlreiche Resonanzen hervorgerufen. Aufgrund neuen Quellen und Kontaktpersonen erscheint eine neue erweiterte Auflage, „weiteren im Buch genannten Personen ein Gesicht zu geben und sie in früheren Kontexten zu porträtieren.“ (S. 521)

Die dritte Auflage des Buches erzählt in 150 neuen Fotografien und Dokumenten die bewegte Nachgeschichte des Buches. Nachfahren der ehemaligen Bewohner*innen aus Argentinien, Israel, den USA, der Schweiz und der BRD schildern dem Autor ihre Erinnerungen und stellten Bilder zur Verfügung.

In insgesamt 100 kurzen Kapiteln beschreibt Batz das Leben im Haus, den Alltag, die Viten der Bewohner*innen sowie Familienschicksale und webt das Ganze in die Zeitgeschichte und Geschichte der Hansestadt ein.

Anfang der 1920er-Jahre tun sich einige wohlhabende, liberale, jüdische Bürger und Bürgerinnen zusammen und errichten in der Rothenbaumchaussee 26 das erste baugenossenschaftliche Projekt Hamburgs. Der Kopf dieses neuen Wohnens war der Bankier Paul Levy. Schon als das Projekt bekannt wurde, gab es negative Schlagzeilen und (antisemitisch motivierte) Anfeindungen. Bis auf drei Wohnungen, die für Angestellte der Warburg Bank reserviert waren, zogen mehr oder weniger bekannte jüdische Familien ein, solche, die es sich leisten konnten. Dies waren in der Regel Kaufleute, Fabrikant*innen, Firmeninhaber*innen, Verleger*innen und lokale Prominenz auf Kultur, Kunst und Sport. Das Haus wurde auch zu einem Treffpunkt des jüdischen großbürgerlichen Lebens: es war kein Nebeneinander des Wohnens, sondern ein Hort der Geselligkeit, Feierlichkeiten und freundschaftlicher Verbundenheit. Die Bewohnerschaft änderte sich bis zu den 1930er Jahren, deutsche Familien zogen ein und aus. Ein Spiegelbild der Krise wurde es in den letzten Jahren der Weimarer Republik und dem Aufstieg der Nazis, der beginnenden Ausgrenzung und rassistischer Welterklärungen. Beginnende Verfolgungen vor dem Machtantritt der Nazis, Emigration nach 1933, der Wunsch, dennoch das eigene Umfeld nicht verlassen zu wollen und die pikante Tatsache, dass bekennende Nazis und jüdische Familien im selben Haus wohnen, prägen dann das Leben. Als dann die ersten jüdischen Bewohner*innen zwangsdeportiert oder ermordet werden, nehmen deren Wohnungen Lokalprominenz der Nazis oder deren Helfer*innen ein, die „Arisierung“ machte auch im Haus nicht halt.

Im Zweiten Weltkrieg lebten einige wenige jüdische Überlebende im Haus, die alliierten Bombenangriffe führten zu einer Notgemeinschaft von Nazis und ihren erklärten Todfeinden im Luftschutzkeller. Das Haus selbst wurde nur beschädigt, aber nicht wie viele zerstört. Es diente kurz nach dem Ende des Krieges als Notquartier für Überlebende in der Stadt, Wohnungslose und Vertriebene. Emigrierte jüdische Bewohner*innen kamen wieder, Not und Elend bestimmte das Leben. Die alliierte Besatzungsmacht stellte neben Anzeigen und Sicherung der Ansprüche Entschädigungsleistungen in Aussicht, dies wurde auch in Anspruch genommen.

Die oben beschriebenen Resonanzen finden sich im Anhang. Flankiert wird dies von einem Quellenverzeichnis, dem Abbildungsnachweis, einem Gespräch mit dem Autor über seine Arbeit, der Vita des Autors und einem Personenregister.

In der vorderen und hinteren Innenseite gibt es Stadtpläne.

Die Nr. 26 ist nicht bloß ein Haus, sondern ein Spiegel deutscher und hamburgischer Geschichte. Stadt-, Kriegs- und Weltgeschichte in einem einzigen Gebäude.“ (S.10) Dieser Schlüsselsatz hält, was er verspricht: Es ist ein winziger Kosmos, der stellvertretend für die Vorgeschichte, Geschichte der NS-Zeit und unmittelbare Nachkriegsgeschichte steht. Dies wird anschaulich an den Lebenswegen der verschiedenen Bewohner*innen deutlich gemacht und erzeugt durch seine Authentizität viel Atmosphäre.


Buch 2

Michael Fröhlich/Frank Köhler: Deutsche Panzertechnik. Motoren und Getriebe 1925-1945, Motorbuch Verlag, Stuttgart 2022, ISBN: 978-3-613-04511-8, 39,90 EURO (D)

Die beiden Autoren geben in diesem Buch erstmals einen kompletten Überblick über die Antriebstechnik aller serienmäßig hergestellten deutschen Panzerkraftwagen, die im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz kamen. Es werden Konstruktion, Herstellung und Weiterentwicklung der verschiedenen Triebwerke und deren Innenleben und die Schalt- und Lenkgetriebe und deren technischen Aufbau und Besonderheiten skizziert. Ferner werden die zur damaligen Zeit gebräuchlichen Anbauaggregate wie Anlasser vorgestellt.

Neben einer Vielzahl von historischen Abbildungen gibt es Detail- und Technikbilder aus Museumsbeständen und Zeichnungen.

In den vorderen und hinteren Innenseiten findet man die technischen Daten zu jedem aufgelisteten Typ.

Zu Beginn gibt es einen Überblick über die Entwicklungsgeschichte der Panzermotoren von Anfang der 1930er Jahre bis 1945, wobei auch führende Hersteller eine Rolle spielen. Es folgen eine technische Einführung und Entwicklungsüberblick der Schalt- und Lenkgetriebe und ein kurzer Überblick zum Faktor Mensch vor dem Hintergrund der damaligen politischen Verhältnisse.

Danach werden in einzelnen Kapiteln die Typen vorgestellt. Zunächst der Panzerkraftwagen, Ausführung A, dessen Motor Vorteile in der besseren Gewichtsverteilung und einen variabel nutzbaren hinteren Raum lagen. Danach schließt sich der Panzerkraftwagen II., Ausführung a bis L an, der besser gepanzert sein sollte und mit einer panzerbrechenden Kanone ausgerüstet werden sollte.

Der Panzerkraftwagen 35(t) besaß eine moderne Konstruktion und fortschrittlichere Merkmale. Der folgende Panzerkraftwagen 38 (t) hatte mehrere Ausführungen des Fahrzeuges, die sich im Wesentlichen im Aufbau und in der Panzerstärke unterschieden. Der Panzerkraftwagen III sollte mindestens mit einer panzerbrechenden 3,7cm Kanone die Hauptlast im Gefecht gegen gepanzerte Gegner tragen. Der verbesserte Panzerkraftwagen IV mit vielen überarbeiteten Details wird danach vorgestellt. Der folgende Panzerkraftwagen V (Panther) war eine Reaktion auf das Auftreten des neuen sowjetischen Panzers vom Typ T 34 im Juli 1941. Der Panzerkraftwagen VI Tiger (H) mit einer größeren Durchschlagsleistung wird danach behandelt. Den Abschluss macht der Panzerkraftwagen VI Tiger, Ausführung B.

Im Anhang gibt es noch verschiedene Motoranbauteile, den Bildnachweis und ein Quellenverzeichnis.

In diesem Buch werden alle möglichen technischen Daten und Fakten vorgestellt. Die Abbildungen, Zeichnungen, Schemata, Vergleichstabellen, Motoren aus Archiven, Kraftstoff-Systeme, Zeichnungen usw. sind überdimensional groß und lassen viele Details erkennen. Ein wahnsinnige Detail- und Fleißarbeit steckt hinter diesem bemerkenswerten Buch.


Buch 3

Sabine Weiss/André Poling: Route 66. Ein Roadtrip durch das Automobile Herz der USA, Motorbuch, Stuttgart 2022, ISBN: 9783613044364, 29,90 EURO (D)

An kaum einem anderen Ort ist das automobile Erbe der USA so präsent wie auf der weltberühmten Ost-West-Route. Der Fotograf André Poling setzt dem "amerikanischen Traum" der Route 66 ein Denkmal. Die Route 66 wird von Anfang bis Ende bereist, auch mit Schwerpunkt der vielen kleinen Begegnungen am Straßenrand und vergessener Abschnitte.

Eindrucksvolle Fotografien werden durch lebendige Texte der bekannten Schriftstellerin Sabine Weiß begleitet. Angereichert wird das Buch mit Texten von Sönke Priebe.

Zu Beginn gibt es eine kurze Geschichte der Route 66. Begründet wird die Route von den Pionieren, die sich 1857 in Weg Richtung Westen aufmachen. Die eigentliche Straße wird 1926 eröffnet.

Danach wird der Reisebericht nach Abschnitten gemäß der einzelnen Bundesstaaten eingeteilt: Illinois, Missouri, Kansas, Oklahoma, Texas, New Mexiko, Arizona und Kalifornien.

Neben der Route 66 und deren Sehenswürdigkeiten in der Nähe stehen auch besondere Automobile aller Art im Fokus. Darunter ein 57er Chevrolet Bel Air, ein gelber 50er Dogde Sedan, das 64er Modell des Chevy-Impala und noch viele weitere Modelle.

Es sind verschiedene Exponate von Route 66-Museen zu bestaunen, wie ein Schulbus von 1966. Aber auch Elvis Presley, der während seiner Tourneen und Dreharbeiten oft die Route 66 bereiste, ist zusammen mit einem Cadillac von 1959 zu sehen.

Es gibt zwischendurch Exkurse zur Automobilgeschichte und zu den goldenen Jahres des US-Autobaus.

Zum Ende gibt es ein Best-of der schönsten Diners, der schönsten Motels und der schönsten Abstecher wie der Grand Canyon, Las Vegas, der Joshua Tree National Park oder der Petrified Forest National Parc

Zum Schluss gibt es noch weiterführende Hinweise und Tipps zu Reiselektüre, Streckenführer, zu Automobilmodellen, Links und ein offiziellen Pass, wo man für verschiedene Strecken sich einen Stempel geben lassen kann.

Die Reisegeschichte wird spannend erzählt, dieser Bildband liefert auch zahlreiche schöne fotografische Impressionen, insgesamt 200 Abbildungen. Die Route 66 wird eher wie ein allgemeines Kulturgut behandelt.

Unabhängig davon, wie man zu den Vereinigten Staaten steht, mit diesem Buch erfährt man sehr viel über dieses große Land und bekommt fast zwangsläufig Lust, es auf dieser Route 66 zu erkunden.


Buch 4

Wolfgang Fleischer: Feldwagen in Uniform. Wagen, Karren, Schlitten und Ausrüstungen bis 1945, Motorbuch, Stuttgart 2022, ISBN: 978-3-613-04514-9, 39,90 EURO (D)

Bis zur Verbreitung von Verbrennungsmaschinen und Automobilen bestimmten die Körperkraft von Menschen und Tieren fortbewegte Fahrzeuge der Heere. In den deutschen Streitkräften leisteten sie bis zum Ende des 2. Weltkrieges einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der taktischen Beweglichkeit aller Waffengattungen und bei der Versorgung des Feld- und des Ersatzheeres.

Wolfgang Fleischer beschreibt in diesem Buch bespannte Fahrzeuge der Infanterie-, Artillerie- und Nachrichtentruppen, die zwischen 1850 und 1945 das Erscheinungsbild der deutschen Streitkräfte bestimmten.

Das Buch ist in Verbindung zum Werk „Tiere in Uniform“ von Barbara Maiwald zu verstehen und als Ergänzung zu betrachten. Es wird ein umfassender Überblick über die Geschichte der militärischen Nutzung und Ausbeutung von Feldwagen, Karren und Schlitten zur anderen dazugehörenden Ausrüstungen gegeben.

Zuerst wird ein allgemeiner Überblick über Wagen und Krieg von der Antike bis hin ins 20. Jahrhundert ausgebreitet. Anschließend werden in Bildern und im Text die bespannten Feldfahrzeuge der deutschen Streitkräfte 1850-1945 behandelt. Außerdem gibt es zeitgenössische Bilder, Schriftstücke und Tabellen.

Darauf aufbauend werden in einem Katalog die wichtigsten bespannten Fahrzeuge, die für das deutsche Militär Bedeutung erlangten, und ein Teil ihrer Ausrüstung vorgestellt.

Es werden in je eigenen Kapiteln die Fahrzeuge des allgemeinen Heergeräts, Artilleriefahrzeuge, Infanteriefahrzeuge, Nachrichtenfahrzeuge, Nebelwerferfahrzeuge, Pionierfahrzeuge, Sanitätsfahrzeuge, Verwaltungsfahrzeuge, Veterinärfahrzeuge und sonstige Fahrzeuge präsentiert.

Die Darstellung erfolgt meist auf zwei Seiten: Informationen über taktisch-technischen Angaben in Form einer Tabelle, konstruktive Details und Entwicklung, Einsatz und Besonderheiten in textlicher Form und einem Bild bzw. Zeichnung.

Die Grundlagen für die taktisch-technischen Angaben in den Tabellen sind Angaben aus Dienstvorschriften, Merkblättern, Verordnungen und Akten, Angaben der Hersteller und der Katalogisierung überlieferter Realstücke.

Am Ende gibt es noch ein Register der bespannten Fahrzeuge des Deutschen Heeres bis 1945, ein Glossar für Fachausdrücke und ein Quellen- und Literaturverzeichnis.

Vieles hier Dargestellte klingt wie ein Relikt aus einer fernen Zeit. Gewohnt an die technischen Neuerungen und heutigen militärischen Potentiale sind dies aber keine 100 Jahre her, wo dies kriegsentscheidende Faktoren waren. Deshalb ist das Buch erhellend, um frühere militärgeschichtliche Epochen zu verstehen.


Buch 5

Christian Rastätter: C-130 Hercules, Motorbuch Verlag. Stuttgart 2022, ISBN: 978-3-613-04506-4, 34,90 EURO (D)

Die Lockheed C-130 Hercules ist zweifellos eines der bekanntesten und vielseitigsten Militärflugzeuge der Welt. Aus der Basisvariante entwickelten sich zahlreiche Spezialversionen, die teils äußerst spektakuläre Sonderaufgaben übernehmen, zumeist im militärischen Einsatz.

Die Entwicklung der C-130 begann zur Zeit des Koreakrieges im Februar des Jahres 1951 mit einer Ausschreibung der US Air Force für ein neues mittelschweres Transportflugzeug, an dem sich auch Boing, Douglas und Fairchild beteiligten.

Die beiden getesteten Prototypen bestätigten und übertrafen die geforderten Flugleistungen. Das erste Auslieferungslos bestand aus 219 Maschinen des Typs C-130A Hercules, die auf vier Einheiten verteilt wurden. Seitdem wurden mehr als 40 Versionen entwickelt, die in rund 70 Staaten im Einsatz sind. Die C-130 ist mit über 2500 Maschinen eines der meistgebauten Transportflugzeuge der Welt.

Danach werden die zivilen Verwendungen wie den Transport und die Schritte hin zum Piloten veranschaulicht.

Danach geht es über zum Kernstück des Buches: Die unterschiedlichen Special Missions/Multi Mission Varianten. Von aktuellstem Interesse sind dabei wahrscheinlich die neuen Verfahren für die SOF Hercules MC-130j im Krieg in der Ukraine.

Ferner wird noch die C-130 bei der Luftwaffe der BRD mitsamt Staffelbetrieb, Pilotenausbildung und Fliegerhorst vorgestellt.

In der Schlussbetrachtung wird ein Blick in die nähere Zukunft gewagt: Das Stützen auf Computeralgorithmen, um die Zahl der Flugzeugbesatzungen bei den Einsätzen zu verringern oder autonome Pilotentechnik sind Schwerpunkte, allerdings auch umstritten.

Im Anhang gibt es noch eine Auflistung der C-120 Staffeln im Dienst der USAF, der Entwicklungs-Stammbaum von Prototyp bis zu den neuesten Typen, Tabellen, das Enhanced Cargo Handling System, ein Abkürzungsverzeichnis mit Begriffserklärung und ein kurzes Literaturverzeichnis, Periodika und Links.

Dies ist eine Mischung zwischen Bildband und Text. Der Schwerpunkt liegt klar auf der Entwicklungsgeschichte und den verschiedenen Einsätzen, die technischen Daten rücken etwas in den Hintergrund. Es werden zum Teil spektakuläre Bilder aus ungewohnten Perspektiven gezeigt, es hätte aber mittels eines Download-Codes noch mehr damit Material für die Leser bereitgestellt werden können. Hervorzuheben ist der umfangreiche Anhang.







<< Zurück
Diese Webseite verwendet keine Cookies. Hier erfahrt ihr alles zum Datenschutz