von Horst Hilse
NaO Sommer-Debatte 31.08-02.09.2012 Berlin
Workshop B1
Wenn das Proletariat die Auflösung der bisherigen Weltordnung verkündet, so spricht es nur das Geheimnis seines eigenen Daseins aus, denn es ist die faktische Auflösung dieser Weltordnung. Wenn das Proletariat die Negation des Privateigentums verlangt, so erhebt es nur zum Prinzip der Gesellschaft, was die Gesellschaft zu seinem Prinzip erhoben hat, was in ihm als negatives Resultat der Gesellschaft schon ohne sein Zutun verkörpert ist.
„Marx in der Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie S. 391“
Einleitung
Die Welt ist bekanntlich ziemlich rund. Das bedeutet, dass sie in sich keine Grenzziehung enthält und ebenso verhält es sich mit dem Kapitalismus auch: Er kann weder eine innere, noch eine äußere Grenze finden und hat sich mittlerweile global auf dem Erdball ausgebreitet.
Kapitalismus ist ein hochgradig dynamisches System und kann bekanntlich nicht existieren, ohne alle Schranken nieder zu reißen und immer mehr Menschen zu proletarisieren und in die Maschinerie zur Mehrwertproduktion hineinzuschleudern.
„Proletarisieren“ bedeutet aus der Perspektive des Kapitals die Verwendung menschlicher Arbeitsfähigkeit zum Zwecke der Herstellung eines Mehrprodukts, das sich dann am Warenmarkt später als Mehrwert realisieren muss.
„Proletarisieren“ bedeutet aus der Sicht der Proletarier, dass sie sich auf einem „Arbeitsmarkt“ als gegenseitige Konkurrenten gegenübertreten müssen und ihre Ware Arbeitskraft dort so teuer wie möglich zum Verkauf anbieten. Ihre Arbeitskraft wird ebenso wie die anderen Produktivkräfte als ein zu verarbeitender „Rohstoff“ behandelt.
Bei Bedarf wird dieser „Rohstoff“ auch zur Halbfertigware „veredelt“, indem man ihm die nötige Ausbildung angedeihen lässt. Wird dieser „Rohstoff“ nicht benötigt, wird er von der Gesellschaft als „Reserve“ nach Möglichkeit vorgehalten und vor der Vernichtung durch Hunger bewahrt..
Klassen, die Klassenausbeutung und der daraus hervorgehende Klassenkampf in vielfältigen Formen sind dem Kapitalismus, früher wie heute, als soziales Grundverhältnis eigen und strukturieren die kapitalistische Gesellschaft als eine permanent konflikthafte Form menschlichen Zusammenlebens. Die Formen der Auseinandersetzung zwischen den Klassen und ihr konkreter Verlauf hängen unter anderem vom ökonomischen Entwicklungsstand und historischen Gegebenheiten ab und sie durchziehen Wirtschaft, Politik und Ideologie gleichermaßen.
Die Zusammensetzung und innere Struktur der lohnabhängigen Klasse sowie das Verhältnis zwischen den Fraktionen der herrschenden Klasse sind einem permanenten Wandel unterzogen. Neue Technologien, Maschinen Umwälzungen der Arbeitsorganisation sowie Marktstrategien, setzen die Klassenstruktur einem ständigen Veränderungsdruck aus, ohne dabei ihren Wesenskern zu verändern.
„Globalisierung“ existiert nicht erst seit zehn oder zwanzig Jahren, sondern ist der naturwüchsige Prozeß der Kapitalakkumulation seit ihren Anfängen, seitdem die Kapitalisten und heute die Kapitalverwalter in ihrem Heißhunger nach Mehrwert über den ganzen Erdball getrieben werden und die jeweiligen Verhältnisse nach ihrem Ebenbild modernisieren:
„Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Überall muß sie sich einnisten, überall anbauen, überall Verbindungen herstellen.
Die Bourgeoisie hat durch ihre Exploitation des Weltmarkts die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet. Sie hat zum großen Bedauern der Reaktionäre den nationalen Boden der Industrie unter den Füßen weggezogen. Die uralten nationalen Industrien sind vernichtet worden und werden noch täglich vernichtet. Sie werden verdrängt durch neue Indu- strien, deren Einführung eine Lebensfrage für alle zivilisierten Nationen wird, durch Industrien, die nicht mehr einheimische Rohstoffe, sondern den entlegensten Zonen angehörige Rohstoffe verarbeiten und deren Fabrikate nicht nur im Lande selbst, sondern in allen Weltteilen zugleich verbraucht werden. An die Stelle der alten, durch Landeserzeugnisse befriedigten Bedürfnisse treten neue, welche die Produkte der entferntesten Länder und Klimate zu ihrer Befriedigung erheischen. An die Stelle der alten lokalen und nationalen Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander. Und wie in der materiellen, so auch in der geistigen Produktion. Die geistigen Erzeugnisse der einzelnen Nationen werden Gemeingut. Die nationale Einseitigkeit und Beschränktheit wird mehr und mehr unmöglich, und aus den vielen nationalen und lokalen Literaturen bildet sich eine Weltliteratur.
Die Bourgeoisie reißt durch die rasche Verbesserung aller Produktionsinstrumente, durch die unendlich erleichterten Kommunikationen alle, auch die barbarischsten Nationen in die Zivilisation.“ Kommunistisches Manifest
Die Möglichkeiten zur Beschaffung, Zurichtung und Verwendung der Produktivkräfte haben sich mit Eintritt der fälschlich „Globalisierung“ benannten Umstrukturierung des Kapitalismus in den 80er Jahren enorm erweitert. Hintergrund war und ist dabei die neue Elektronik und die mit ihr verbundenen neuen Zugriffsmöglichkeiten auf alle Elemente des Produktionsprozesses. Damit verbunden ist eine neue
Dimension der Vergesellschaftung aller Lebensbereiche durch den Kapitalismus. Die Sozialisierung des Menschen macht einen weiteren Schritt und die allseitige kooperative Abhängigkeit voneinander wird noch deutlicher.
Die mit dieser Veränderung potentiell gegebenen neuen Möglichkeiten menschlicher Emanzipation lassen sich jedoch durch die konflikthafte Stellung der Klassen mit ihren gegensätzlichen Interessen und Ansprüchen gegeneinander nicht oder kaum realisieren.
Die alten vorgefundenen Vergesellschaftungsformen werden durch die dominante Fraktion der Bourgeoisie entweder in den neuen Ausbeutungszusammenhang integriert oder aber zerstört. So erzeugt die fortschreitende Ausdehnung kapitalistischer Verhältnisse lediglich immer neuere Formen der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen.
Die gewachsenen Möglichkeiten eines freien Lebens werden im Interesse der Herrschaft blockiert.
Globaler „Fortschritt“
Der organisierte Kapitalismus hat seit den 80er Jahren einen qualitativen Sprung bei der weiteren Vergesellschaftung der derzeit lebenden Zeitgenossen auf dem Globus bewirkt, der sich in vielfacher Weise darstellt:Stichwortartig möchte ich auf folgende Umstände hinweisen:
1.
Das Proletariat an sich war noch niemals so zahlreich auf diesem Globus vertreten, wie heute.
Die 500 größten Konzerne der Welt, die seit 40 Jahren in der Zeitung „Fortune“ veröffentlicht werden, hatten in den 1960er Jahren einen Umsatz, der knapp 17 Prozent des weltweiten erzeugten Bruttoinlandsproduktes weltweit entsprach. Die gleichen 500 größten Konzerne der Welt haben heute einen Umsatz, der 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandproduktes entspricht. Der Schwerpunkt industrieller Tätigkeiten hat sich in den asiatischen Raum verlagert. Die chinesische, koreanische und japanische Arbeiterklasse stellen heute mehr als ein Viertel des Weltproletariats. Sollte es in China zu einer proletarischen Erhebung kommen, so wird das keinesfalls spurlos für die Proletarier in anderen Weltteilen sein können.
2.
Das Weltproletariat war noch niemals in einem derartigen Ausmaß internationalisiert zusammengesetzt und in derartig großen Agglomerationen vertreten wie heute. Der rasche Prozess der „Verstädterung“ wird von der Mehrheit der Weltbevölkerung als Wachstum der Slums erlebt.
Dazu trägt die Zerrüttung aller überkommenen Vergesellschaftungsformen ebenso bei, wie die durch Ressourcenkriege und Umweltkatastrophen ausgelösten Wanderungsbewegungen großer Bevölkerungsteile. Aber auch die kapitalistischen Bewegungsgesetze mit ihrer ungleichen Machtverteilung zwischen den Konkurrenten tragen durch die Ab- und Zuwanderungen der
Hauptproduktivkraft „menschliche Arbeitsleistung“ zu diesen Umständen bei, die durch die damit eng verkoppelte ökologische Katastrophe zusätzliche Schrecken aufhäuft.
3.
Die zunehmende Vergesellschaftung reflektiert sich auf der gesellschaftlichen Überbauebene in der zunehmenden Ausbildung einer proletarischen Weltkultur.
Popmusik und Internet verbinden heute Millionen Menschen und nicht nur in Europa erleben wir jedes Wochenende wie meist jüngere Proletarier millionenfach zu Musikstücken abtanzen, die von musikalischen Einflüssen aus allen Erdteilen mit ihren jeweiligen Kulturen geprägt sind. Noch nie zuvor waren proletarische Massen über derartig viele Medien miteinander in Kontakt. Noch nie gab es derartig viele Informationsmöglichkeiten über die Kämpfe in anderen Regionen. Auch hier gilt, dass die private Organisationsform der Medien mit den damit verbundenen Zensur-, Ablenkungs- und Überwachungsmöglichkeiten mögliche Fortschritte stark einengt.
Unter den Bedingungen der Entfremdung fühlen sich die meisten Menschen dieser Welt-Maschinerie gegenüber ausgeliefert und ohnmächtig.
Massivste Eingriffe in die Kulturentwicklung werden durch die privaten Großkonzerne vollzogen:
z.B. Bertelsmann, stellt in Bangladesch die gesamte Literatur für das Bildungssystem vom Kindergarten bis zur Hochschule. – lässt sich an den täglich dreimal abgelesenen Verkaufsziffern für Musik CDs ein Verkaufserfolg nicht in mindestens 3 sogenannten „Kulturkreisen“ realisieren, verschwindet die entsprechende Musik und wird nicht mehr verbreitet.
ZB. 90% aller ungarischen Printprodukte (von der Anglerzeitung bis zum Juristenmagazin) sind vom westdeutschen WAZ-Konzern erstellt. Derzeit werden die Sender aufgekauft.
4.
Die Expansion kapitalistischer Marktverhältnisse entwickelt sich nicht nur in einem räumlichen Zusammenhang, (wie Rewe, die über 60% aller Lebensmittel in Portugal und Polen verticken) sondern auch in einem innergesellschaftlichen strukturellen Zusammenhang:
- Die Reproduktionstätigkeiten zum Erhalt und Ersatz der Arbeitskraft als Ware, die traditionellerweise in Familienverbänden organisiert wurden, werden sukzessive kapitalisiert.
Stichwort dazu:
Mc Donald ist heute mit fast 600 000 Beschäftigten in mehr als 100 Ländern vertreten. (Eigentlich sind wir ja ein Immobilien-Unternehmen. Der einzige Grund, warum wir Hamburger verkaufen, ist die Tatsache, dass diese am meisten Gewinn abwerfen, von dem unsere Restaurantbesitzer uns Miete zahlen können (Konzernsprecher Schlosser, 96 f.). Berechnet man die Immobiliarmiete pro Quadratmeter, wird man auch in der „Provinz“ auf höhere Preise als im Frankfurter Bankenviertel
kommen. McDonald’s vertreibt durch die Spielzeugbeigabe in ihren Happy Meals weltweit die meisten Kinderspielsachen Die Beigabe dieser Spielsachen führt angeblich dazu, dass die Kinder mehr essen)
- und körperlich geschädigt werden.
Coca Cola ist in über 200 Ländern vertreten und lediglich Kuba, Nordkorea und Myanmar ist noch colafreie Zone. Zudem werden der Coca-Cola Company unter anderem rassistische Diskriminierung von Schwarzen und HIV-Infizierten in den USA und Afrika, Verletzung der Menschenrechte, Mordaufträge, Inhaftierung, Vertreibung, Ermordung , Entführung und Entlassungen von Gewerkschaftern in Kolumbien , Guatemala, Peru, Brasilien, den USA, Venezuela, Palästina, der Türkei und dem Iran vorgeworfen. Nachdem in Kolumbien Gewerkschafter der lokalen Gewerkschaft Sinaltrainal ermordet wurden, die in Coca-Cola-Auftragsfirmen tätig gewesen waren, versuchten europäische Gewerkschaftslinke einen Boykott gegen Coca-Cola zu initiieren.
Auch die Bundeskonferenz der Gewerkschaft ver.di rief 2004 zum Boykott auf. Die Vorwürfe wurden von mehreren Gerichten in Kolumbien und den USA untersucht.
Alle Klagen gegen Coca-Cola und seine kolumbianischen Abfüller sind mittlerweile eingestellt
5.
Eine weitere Folge der strukturellen Ausweitung ist die Verfügbarkeit über menschliche Körper und ihre Einzelteile und die Ausdehnung der „schwarzen Ökonomie“. (Der rechtlich formal sanktionierten) Die weltweiten Einnahmen aus der Prostitution und dem Organhandel übersteigen mittlerweile diejenigen der weltweiten Ölgewinne.
Der von Marx als „erste Sklaverei“ bezeichnete Körperbesitz tritt heute in der Phase der „zweiten Sklaverei“, der Lohnsklaverei, wieder munter auf die Bühne der Geschichte.
Globale Misere, globaler Widerstand
Ist also das Proletariat an sich in einer historisch günstigen Position, so ist es sich selbst dieser Tatsache kaum bewusst. Armut und Hoffnungslosigkeit spielt in erster Linie der Resignation und dem Irrationalismus in die Hände. Auch sind die bisherigen Erfahrungen mit „Sozialismus“ keineswegs dazu angetan, Millionenmassen in helle Begeisterung zu versetzen. Der Widerstand gegen das Wirken des Weltkapitalismus ist nach dem Zusammenbruch der poststalinistischen Diktaturen in vielen Ländern mit einer reaktionären religiösen Perspektive und Irrationalismus gekoppelt.
Und doch sind die Anzeichen für massive Revolten nach dem Kriseneinbruch 2008 unübersehbar geworden: Bereits vor diesem Einbruch deutete sich ein Wiederaufstieg der Kämpfe an:
2006 brachen zwei Bewegungen aus – der erfolgreiche Kampf gegen den CPE in Frankreich und der massive Streik der Beschäftigten in Vigo, Spanien, welche trotz der räumlichen Trennung voneinander, der unterschiedlichen Bedingungen oder der Altersunterschiede der Beteiligten ähnliche Züge aufwiesen : Vollversammlungen, Ausdehnung auf andere Branchen-Bereiche, Massendemonstrationen… Es war wie ein erster Warnschuss, der aber kein Echo auslöste.
Ein Jahr später gab es in Ägypten Anfänge eines Massenstreiks, der von einer großen Textilfabrik ausging. Anfang 2008 kam es in einer Reihe von Ländern, sowohl in der Peripherie als auch im Zentrum des Kapitalismus zu gleichzeitigen, aber voneinander isolierten Kämpfen.
Schließlich traten andere Bewegungen hinzu, wie die sich in 33 Ländern entwickelnden Hungerrevolten im ersten Quartal 2008.
In Ägypten wurden diese unterstützt und teilweise von der Arbeiterklasse getragen. Ende 2008 revoltierte die Arbeiterjugend nach Erschießung eines Jugendlichen durch die Polizei in Griechenland, die dabei von einem Teil der Arbeiterklasse Rückendeckung erhielt. Auch gab es Keime internationalistischer Reaktionen 2009 in Lindsey (Großbritannien).
Im Juni 2009 kam es im Süden Chinas zu einer massiven und explosiven Streikwelle mit Millionen Beteiligten. Dazu gleich mehr.
Nach dem anfänglichen Zurückweichen des Proletariats gegenüber den ersten Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise wurden die Kämpfe dann erbitterter und 2010 wurde erneut Frankreich von einer massiven Protestbewegung gegen die Rentenreform erschüttert.
In dieser Bewegung kam es zu ersten Versuchen der Bildung von branchenübergreifenden Vollversammlungen.
Im Dezember 2010 protestierten die Jugendlichen in Großbritannien gegen die brutale Erhöhung der Studiengebühren und verwüsteten dabei die 16stöckige Parteizentrale der konservativen Partei.
2011 schließlich brachen in Ägypten und Tunesien die großen Sozialrevolten aus. Die Kämpfe der Arbeiterklasse schienen sich dann zu beschleunigen, um einen neuen Sprung nach vorne zu machen: die Bewegung der Empörten in Spanien, dann Griechenland und Israel.
- Im Juni 2009 kam es im Süden Chinas zu einer massiven und explosiven Streikwelle. Dabei wurde der leitende Manager eines der größten Stahlwerke im Lande auf einer Belegschaftsversammlung von den Kollegen erschlagen, als er eine Privatisierung ankündigte. Solidaritätsstreiks brachen in drei Provinzen aus, so dass die Regierung ihre Privatisierungspläne zurückzog. Im Sommer 2010 schwappte eine Streikwelle durch die chinesischen Küstenprovinzen und traf die chinesische Exportgüterindustrie, die weltweit eine Schlüsselstellung einnimmt.
Die chinesische kapitalistische Akkumulation basiert auf der Ausbeutung einer extrem billigen und politisch entrechteten Arbeiterschaft, dem massiven Verbrauch von Rohstoffen, Umweltzerstörung und Exporten in die wichtigen kapitalistischen Volkswirtschaften. Bei einer Verschärfung der globalen kapitalistischen Krise kann keine dieser Bedingungen langfristig aufrechterhalten werden.
Die Senkung der Luxussteuern bei gleichzeitigen Finanzspritzen von über 40 Milliarden für die chinesischen Banken in den letzten 2 Wochen dürfte die Stimmung kaum beruhigen. Heute gehören laut statistischem Jahrbuch in China 60% der Arbeiterklasse und nur noch 23% der Bauernschaft (einschließlich der Landarbeiter) an. Nach den Daten der International Labour Organisation war 2005 der monatliche Durchschnittslohn der chinesischen Industriearbeiter etwa 140 Dollar, - verglichen mit 2.900 Dollar für die amerikanischen Arbeiter. Der chinesische Lohn betrug 5 Prozent des US Niveaus,
während nach offiziellen Angaben die Preissteigerung für Konsumartikel von 1978 bis 2005 um den Faktor 5 gestiegen ist.
Die „eiserne Reisschale“, die traditionelle betriebliche Sozialversicherung wurde im Zuge der Globalisierung in China fast überall abgeschafft oder stark eingeschränkt.
Dies ist der soziale Hintergrund für die seit 2009 fast ununterbrochene Serie von spontanen Massenstreiks und die Entwicklung illegaler Gewerkschaften unter den 210 Millionen Arbeitern des Landes.
- in den arabischen Ländern wurden im Februar 2011 binnen weniger Wochen in Tunesien und Ägypten in einer blutigen Massenrevolte mit hunderten von Toten zwei diktatorische Staatsspitzen hinweggefegt: War es in Tunesien eine spontane Bewegung, die sich wie ein Ölfleck über das Land ausbreitete, gab es in Ägypten dagegen organisierte politische Kräfte: Von 2006 bis 2009 hat Ägypten die größte Welle von Arbeiterstreiks seiner jüngeren Geschichte erlebt, die sozialen Spannungen im Lande hatten seitdem kaum nachgelassen. Das Regime antwortete darauf, indem es die staatstreuen Gewerkschaften zwang, ihre jeweiligen Vorstände durch lokale Polizeibehörden bestätigen zu lassen. Damit zerbrach das gewerkschaftliche Stillhalteabkommen mit dem Staat, das den Gewerkschaften Massenentlassungen, dem Regime massive Opposition erspart hatte.
Die mit dieser Maßnahme provozierte Spaltung der Gewerkschaften (mit über 6 Millionen Mitgliedern) unterfütterte die politische Opposition mit einer realen Massenbewegung.
Diese Bewegung konnte ihren Erfolg jedoch nicht durch die Schaffung von Basiskomitees und einer Übergangsregierung absichern und so gelang ein weitgehender „roll back“ durch das Militär mit aktiver EU-Unterstützung.
Mit der Wahl des neuen Staatsoberhauptes, der nun seinerseits in einem handstreichartigen Akt die Militärspitzen absetzte, bewegen sich die Konflikte auf der institutionellen Ebene. Dass der neue ägyptische Staatschef Moursi auch die Diktatoren in anderen Ländern aus ganzem Herzen hasst, machte er mit seinem einem internationalen Eklat auslösenden Beitrag auf der Konferenz der Blockfreien in Teheran vorgestern unmissverständlich deutlich, als er den Sturz der syrischen Diktatur forderte.
In Südafrika ergriffen die neu gegründeten Bergarbeitergewerkschaften 2011 die Initiative und organisierten den ersten interkontinentalen Bergarbeiterstreik: In 3 Kontinenten wurden koordinierte Streiks gegen 2 große multinationale Weltkonzerne geführt und gewonnen!
Vor 2 Wochen erlebten wir wahrscheinlich eine Racheaktion, als 35 streikende Kumpel bei einem der betroffenen Konzerne von der Polizei erschossen wurden. Die Kämpfe mit den Bergarbeitern dürften sich noch zuspitzen.
In dem einmonatigen Kampf in Wisconsin im März 2011 hat die US-Arbeiterklasse ihre enorme Kampfkraft, Solidarität und ihre Fähigkeit, Opfer zu bringen, gezeigt.
Erstmals seit 3 Jahrzehnten wurde die Forderung nach einem Generalstreik in Wisconsin erhoben und das geschah in einem besetzten Parlamentsgebäude. Nach Jahrzehnten, in denen die US-Gewerkschaften den Klassenkampf künstlich unterdrückt hatten, hat die amerikanische Arbeiterklasse ihre Rückkehr auf die Bühne der Geschichte angesagt und in einem Zusammenschluss mit der occupy-Bewegung erfolgte schon wenige Monate später die Besetzung des Hafens von Oakland durch tausende Kollegen. Der Obrigkeit blieb nur noch der gasspuckende Hubschraubereinsatz übrig
Europa
Die EU wurde seit den 50er Jahren systematisch als ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen und französischen Bourgeoisie vorangetrieben. Die- auch von Sozialisten - vertretene Vorstellung, dass man die EU nur „demokratisieren“ müsste und mit einem sozialen Mechanismus ausstatten müsse, ist meines Erachtens völlig abwegig.
Die Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung ist ein unbedingtes Gesetz des Kapitalismus, da er auf Konkurrenz beruht. Die vielfach beklagte Situation eines „Europas der zwei Geschwindigkeiten“ oder der Aufteilung in „Zentrum und Peripherie“ ist kein EU-Verwaltungsfehler, sondern notwendigerweise der kapitalistischen Struktur inhärent: Unrentable Bereiche müssen abgestoßen, rentable gefördert werden. Es kann nicht anders geteilt werden als „entsprechend der Macht”
Dies bewirkt eine dauernde Reproduktion von Ungleichheiten.
Wir erleben dieses kapitalistische Bewegungsgesetz ja nicht nur im europäischen, sondern auch im nationalen Rahmen mit der Ausdünnung der ländlichen Infrastruktur. Auf der heutigen ökonomischen Basis, d.h. unter kapitalistischen Verhältnissen, kann Europa nur unter Vormundschaft der ökonomischen Führungsmacht, d.h. aktuell Deutschlands, denkbar sein.
Ein soziales EU- Konzept müsste ein grundlegendes kapitalistisches Entwicklungsgesetz außer Kraft setzen können. Es ist utopisch, das anzunehmen, wie es mehrheitlich die Linkspartei derzeit macht.
Allen südlichen EU-Staaten gemeinsam ist eine Strukturschwäche, die aus dem EU-Binnenmarkt im allgemeinen und aus der Einführung des Euro resultiert: Seit Ende der 1950er Jahre bildete sich in Westeuropa mit EWG/EG/EU ein Binnenmarkt heraus. Im Rahmen dieses Prozesse - mit dem Abbau von Handelsbarrieren und Schutzzöllen und mit den Stufen der EU-Erweiterung – konnten sich die wirtschaftlich produktivsten und mächtigsten Ökonomien, allen voran Westdeutschland, zu den im Kontinent vorherrschenden etablieren. Die Industrien der schwachen Länder verloren dabei ständig an Boden.
Seit Einführung der Einheitswährung sind diese südlichen europäischen Länder in besonderem Maß dem Ansturm der Exportindustrie der ökonomisch stärksten Länder, vor allem Deutschlands, ausgeliefert. Mit der Euroeinführung wurde diesen das seit einem halben Jahrhundert immer wieder erfolgreich eingesetzte Mittel der Währung-Abwertung endgültig genommen.
Wenn ich das sage, lehne ich jedoch keinesfalls z.B. Kampagne für ein europäisches Arbeitsgesetzbuch oder ein einheitliches Sozialrecht ab, da dies im elementaren Interesse der europäischen Arbeiterbewegung ist.
Aber es wird ohne schwerste gesamteuropäische Kämpfe keine Schritte in diese Richtung geben, zerstört man doch damit einen gewichtigen Konkurrenzvorteil bei dem Ausbeutungsgeschäft des Arbeitsmarktes.
Die Situation in den einzelnen EU-Ländern ist extrem unterschiedlich nach ihrer Stellung im Weltmarkt sowie ihrer historischen Traditionen und ist einer genaueren NaO –Betrachtung zu unterziehen.
Deutschland
Deutschland ist das Gravitationszentrum des europäischen Kapitalismus. Deutschland ist das Land der europäischen Weltkonzerne! Kein Land beherbergt so viele international agierende Autofirmen!
12 830 Autobahnkilometer oft dreispurig befahrbar sind das Ergebnis davon. Damit steht Deutschland nach den viel größeren Landflächen USA und China an dritter Stelle in der Welt! (Vergleich Griechenland trotz Tourismus: ca. 2700)
Ein weiterer Vergleich zur Verdeutlichung:
Größter griechischer Betrieb ist die Raffinerie Larco S.A. mit 22.000 Mitarbeitern, Laut der griechischen Behörde für Statistik (ELSTAT) wird die Anzahl der Beschäftigten in ganz Griechenland im Mai 2011 mit 4.131.528 Personen angegeben.
In Deutschland sind alleine in den Großkonzernen über 4 Millionen Menschen beschäftigt, während die Gesamtzahl der Erwerbstätigen mehr als 31 Millionen beträgt.
Von diesen knapp 31 Millionen abhängig Beschäftigten, der numerisch größten europäischen Arbeiterklasse, sind nur etwa 23 Millionen oder nur knapp drei Viertel sog. Normalerwerbstätige.
Über 25 Prozent oder knapp 8 Millionen sind atypisch Beschäftigte. Knapp 5 Millionen dieser atypisch Beschäftigten sind Teilzeitzeitbeschäftigte (bis zu 20 Wochenstunden) und zweieinhalb Millionen sind geringfügig Beschäftigte. Besonders stark zugenommen hat die Zahl der Zeitarbeitnehmer/innen (also der Leiharbeiter/innnen), nämlich um 32,5 % von 2009 auf 2010 und um insgesamt 21,2% von 2008 auf das Jahr 2010, auf nunmehr knapp eine drei Viertel Million Leiharbeitnehmer/innen oder fast zweieinhalb Prozent aller abhängig Beschäftigten. Gegenüber 2009 hat die Zahl der atypisch Beschäftigten um eine viertel Million, um 243.000 Personen zugenommen, die Zahl der abhängig Beschäftigten insgesamt dagegen nur um 322.000.
Damit erweist sich der vielgerühmte Beschäftigungszuwachs zu gut 75% als Zuwachs atypischer Beschäftigung. Und dieser Zuwachs ist wiederum zu mehr als der Hälfte (57 %) auf die Zunahme der Leiharbeit zurückzuführen.
Die Leiharbeit ist inzwischen in vielen Großunternehmen zur gängigen Praxis geworden und sie betrifft überwiegend jüngere Arbeitnehmer. Fast 40 Prozent der Leiharbeiter in Deutschland sind unter 30 Jahre! Unter den Bedingungen der Massenarbeitslosigkeit, die als Erpressungsmittel gegenüber den Gewerkschaften dienen, werden reale Verbesserungen zunehmend unmöglich gemacht.
Von allen OECD-Ländern haben zwischen 2000 und 2008 in Deutschland Einkommensungleichheit und Armut am stärksten zugenommen.Sozialleistungen wurden massiv abgebaut, Belegschaften erpresst, Gewerkschafter gekündigt etc.etc. Und doch konnte der erste spürbare Unmut der Arbeiterbewegung mit Hilfe „ihrer SPD“befriedet werden.
Der europäischen Krise begegnete die deutsche Politik durch rigorose Sparpolitik und massive Ausweitung des Außenhandels: Im Zeitraum 1995 bis 2005 ist die Zahl der vom Export abhängigen Erwerbs tätigen um 2,4 Mill. Personen gestiegen.
Seit 2000 werden Arbeitsplatzverluste, die durch den Anstieg der Arbeitsproduktivität und die Verlagerung von Teilen der Produktionskette ins Ausland entstanden sind, in der Export-wirtschaft kompensiert. Besonders für die Erhaltung und Gewinnung von Arbeitsplätzen in den verarbeitenden Produktionsbereichen ist die Auslandsnachfrage von großer Bedeutung.
Die deutsche Handelsbilanz – der Saldo aus Exporten und Importen – erzielte im Jahr 2010 ein Plus von 153 Mrd. Euro und dürfte 2011 noch höher ausfallen.
60% der Güter des Aussenhandels gehen in die EU-Länder, 15,4% überwiegend nach China.
China nimmt seit 2009 den 1. Platz unter allen Warenlieferungen nach Deutschland ein. Bei den Exporten kletterte der Anteil vom 14 Platz im Jahr 2000 auf den 7.Platz im letzten und wahrscheinlich den 5 in diesem Jahr.
Zur Verdeutlichung:
Alleine die Steigerungsrate des Handels mit China von 2010 auf 2012 macht soviel aus, wie der gesamte Jahreshandel Deutschlands mit Spanien!
China, und nicht die USA sind der wichtigste deutsche Handelspartner außerhalb der EU!
Auch wenn es für deutsche Sozialisten etwas schrill in den Ohren klingt, wenn ein hochrangiger kommunistischer Funktionär die Sorge äußert, dass die Merkelsche Sparpolitik im europäischen Raum zu zögerlich umgesetzt wird, so kann man die Bedenken des Außenministers Lin Bao als Vertreter eines mit dem deutschen Kapitalismus eng verbundenen Landes gut nachvollziehen.
Durch die Personalpolitik der Konzerne und der Politik wurde die deutsche Arbeiterklasse, -die zu großen Teilen nicht deutsch ist,- extrem zerklüftet und ausdifferenziert.
Das deutsche Sozialmodell der verrechtlichten Klassenkollaboration in der Nachkriegszeit hatte sich unter den Bedingungen von Wirtschaftswunder, virulenter Systemdebatte durch die DDR-Existenz sowie durch die Existenz der größten westeuropäischen Gewerkschaften - deren Einfluss zudem durch die SPD ins Parlament verlängert war - , als sehr erfolgreich für beide Klassen erwiesen.
Die allgemein in der Bevölkerung lebendige Erinnerung an den historischen Faschismus und seine Helfer hielt die Unternehmer zusätzlich von allzu gewagten Angriffen ab.
Diese historischen Voraussetzungen sind mit der Krisenentwicklung und dem Verschwinden systemalternativer Ansätze entschwunden. Damit haben sozialistische Kräfte größere Einflusschancen gewonnen, die sie jedoch kaum zu nutzen wissen.
In der Linkspartei lassen sich, soweit ich zu sehen vermag, 3 nebeneinander hinwurstelnde Strömungen unterscheiden:
Die ersteren bestehen aus einem Mix von ehem. DDR-Staatsbeamten und Leuten, die mit dem Kapitalismus auf dem Felde der Sozialen Moral wetteifern wollen; die zweite Gruppe sind die Sozis, die eine Neuauflage des Keynesianismus befürworten ohne zu berücksichtigen, dass die historischen Voraussetzungen dazu verschwunden sind und die dritte Gruppe möchte die Partei in eine Bewegung auflösen und erfasst weder die spezifische Differenz zu einer parlamentsorientierten Partei, noch berücksichtigt sie den Umstand, dass der abgeschlossene Parteiaufbau solches Ansinnen unmöglich macht. Das Programm der Linkspartei „ist gut gemeint“ und soll sowohl Arbeitern als auch Kapitalisten aus der Krise helfen.
Es befürwortet also die Erneuerung des „sozialen Kompromisses“, macht jedoch diese Rechnung ohne deren historische Voraussetzungen. Derartiger Utopismus ist nur mit Lenins Einsicht erklärbar, dass bei Eintritt einer neuen Phase der Klassenkämpfe, die erste Reaktion auf Massenebene durch Suche der Rekonstruktion bekannter Vertretungsformen bestimmt ist.
Der von J.M. Keynes vorausgesagte „sanfte Tod des Rentiers“ infolge einer Sozialisierung der Investitionen angesichts eines wachsenden Überflusses an anlagefähigem Kapital, ist eben NICHT eingetreten.- und wird auch nicht eintreten.
Folgt man der einen oder anderen Studie über das politische Bewusstsein der Deutschen, dann hält zwar eine knappe Mehrheit den Sozialismus für eine gute Idee, die bisher nur schlecht gemacht wurde, es ist aber nicht in Sicht, dass daraus von relevanten Teilen der Bevölkerung praktische Konsequenzen gezogen werden würden.
Es scheint wohl offenkundig so zu sein, dass ein alternatives Sozialismusprojekt, ein “Sozialismus des 21. Jahrhunderts” für die meisten derjenigen, die ihn für “eine gute Idee” halten, gegenwärtig nicht in Sicht ist.
Das Verhalten der Arbeiterklasse ist von tiefstem Skeptizismus gegenüber jedweder Form von linker Organisation geprägt. Im Unterschied zu anderen europäischen Ländern war Westdeutschland jahrzehntelang antikommunistischer Frontstaat mit entsprechender Propaganda. – und das nach 12 Jahren Faschismus.
Ferner haben ca. 25 Millionen Deutsche mit dem „real existierenden Sozialismus“ ihre sehr realen Lebenserfahrungen gemacht, die nicht grade zu den besseren zählen. Zugleich wird der tiefe Skeptizismus des Proletariats in Deutschland durch das Fehlen einer ernstzunehmenden linken Stalinismusdebatte genährt.
Will die Linke – im parteipolitischen wie im weitergefassten Sinne – in den kommenden turbulenten Stromschnellen der Klassenkämpfe nicht von den Wendehälsen aus SPD, Grünen, verschiedenen Protestgruppen sowie im Zirkelwesen von Nischengruppierungen verwelken und verkümmern, muss sie lernen, sich auf allen Ebenen wahrnehmbar Gehör zu verschaffen.
Derzeit gibt es in Deutschland – im Gegensatz zu anderen Ländern- keinen massiven Zug nach rechts, was sich jedoch schnell ändern kann.
Das Verhalten der Klasse ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung für das Kapital, was heute vielleicht den bürgerlichen Parteien bewusster sei, als auf der Linken. Es ist kein Zufall, dass die DGB-Spitzen hofiert werden und Merkel alles vermeidet, was irgendwie nach Provokation der DGB-Co –Manager aussehen könnte.
Die SPD versucht, sich als verbalradikale Alternative aufzubauen, wird aber höchstwahrscheinlich ihre tiefen Einbrüche nicht mehr ausbügeln können, da sie jeglicher Systemdebatte abgeschworen hat und dieses Feld der flügelschlagenden Linkspartei überlässt.
Mit dieser teilen große Gruppen der Partei die Illusion, dass die Realisierung einer „sozialen Marktwirtschaft“ von der Kraft der „guten“ Abgeordneten abhängt.
Die größte Partei der Nichtwähler hält vom derzeitigen Politbetrieb nichts mehr und in den Piraten manifestieren sich rebellisch hilflose Suchbewegungen nach neuen Lösungsansätzen.
UNSERE ALTERNATIVEN ENTWICKELN
Das Proletariat ist die einzige Kraft, die in der Lage ist, die Mehrwertproduktion zu unterbrechen. Das Proletariat ist die einzige Kraft, die einen Sturz der Bourgeoisie bewirken kann, ja bewirken muss, wenn die Ausbeutung des Menschen, seiner äußeren und seiner inneren Natur durch die herrschende Minderheit beendet werden soll. Um diese historische Aufgabe erfüllen zu können, muss es zum „Proletariat für sich“ werden. Es muss sich selbst als die alles entscheidende Kraft begreifen, die die menschliche Befreiung bewirkt, indem es als freier Mensch auftritt. Dadurch reklamiert es für sich selbst menschliche Zustände jenseits der Lohnsklaverei und der damit verbundenen kapitalistischen Barbarei.
Der Sieg des Proletariats ist dabei keineswegs verbürgt: Klassenkämpfe können auch böse mit dem Untergang der kämpfenden Klassen enden.
Eine Periode verschärfter Klassenkämpfe steht uns bevor und nichts deutet darauf hin, dass Deutschland von der europäischen Entwicklung verschont bleiben wird.
Wirtschaftskriege bis hin zu Kriegs-Einsätzen zur Sicherung von Handelswegen und Einflusszonen werden uns weiterhin begleiten. Die EU- Staaten versuchen, die jeweils eigenen Interessen in ein allgemeines Volksinteresse umzuwandeln und werden damit den Nationalismus kräftig fördern, ohne jedoch ihr Ziel erreichen zu können, da sie aufeinander stets angewiesen bleiben.
Auch der Protektionismus als Folge einer deutlichen Verschärfung der internationalen Konkurrenz wird als politische Lösungen sicher wieder auftauchen Auf diese Weise erhalten die internationalen Konkurrenzkämpfe den Schein von kulturellen, ethnischen, also nationalen Konflikten.
Kommunisten haben, wollen sie ihrer historischen Aufgabe gerecht werden, zuallererst einmal ihre Politikfähigkeit wiederzuerlangen. Unter deutschen Bedingungen kann das derzeit nur bedeuten, sich in möglichst gut vorbereiteten Kampagnen um einzelne Themen herum aufzubauen und zugleich die zentralen Achsen des hegemonialen Denkens anzugreifen:
Die Staatsschulden entstanden, um die Banken zu retten!
Die Banken gerieten ins Schleudern, da sie nur noch spekulierten und zockten.Sie taten dies, weil sich die Investitionen nicht mehr rechneten, da der Kapitalismus in eine Überproduktionskrise geraten war.
Wir müssen auch klar machen: Den Schulden der Staaten steht ein ungleich höherer privat angeeigneter Reichtum gegenüber!
Die Bewegungen der letzten zwei Jahre zeigen deutlich gemeinsame Merkmale:
- neue Generationen der Arbeiterklasse treten in den Kampf ein. Dabei gibt es aber im Vergleich zu der 1968er Bewegung einen wichtigen Unterschied: Während damals die Jugend meinte, man müsse wieder bei Null anfangen und die „Alten“ seien „besiegt und verbürgerlicht“, gibt es heute organisierte Ansätze für einen vereinten Kampf verschiedener Generationen der Arbeiterklasse.
- direkte Aktionen der Massen. Die Kämpfe haben sich auf die Straße ausgedehnt, Plätze sind besetzt worden. Die Ausgebeuteten sind dort in direkter Kommunikation zusammengekommen, man konnte zusammenleben, diskutieren und handeln.
- Die Versammlungen: Sie sind mit der proletarischen Tradition der Rätebewegungen von 1905 und 1917 in Russland verknüpft, die sich während der Welle revolutionärer Kämpfe zwischen 1927-23 auf Deutschland und andere Länder ausdehnte. Sie sind eine Waffe für die Bildung der Einheit, der Entwicklung der Solidarität, der Fähigkeit zur Bewusstseinsentwicklung und der Entscheidungsfindungen der Kämpfenden. Der in Spanien sehr verbreitete Slogan „Alle Macht den Versammlungen“ spiegelt die aufkeimende zentrale Reflektion über Fragen wie den Staat, Demokratie, Interessenswahrnehmung, Doppelmacht usw. wider.
- Der Beginn einer Politisierung: ungeachtet von falschen Antworten, die heute und auch später gegeben werden, ist es wichtig, dass die Massen anfangen, sich direkt und aktiv mit „großen Fragen der Gesellschaft“ zu befassen. Das kennzeichnet den Beginn einer tiefgehenden Politisierung als Klasse.
- Die Debattenkultur: Klarheit, welche Entschlossenheit und Heldentum der proletarischen Massen inspiriert, kann nicht dekretiert werden. Genauso wenig ist sie das Ergebnis einer Indoktrinierung durch eine Minderheit, die die Wahrheit „gepachtet“ hätte. Sie entsteht durch das Zusammenfließen von Erfahrungen, dem Kampf und insbesondere der Debattenbeiträge. Die Debattenkultur war bei Bewegungen in aller Welt deutlich spürbar: alles wurde zur Diskussion gestellt. Alles was politisch, sozial, ökonomisch, menschlich ist, wurde durch diese improvisierten Zusammenkünfte thematisiert. Ob in Kairo, Athen, Madrid, Jerusalem, New York oder Toronto, überall das gleiche Bild oft Tage lang andauernder öffentlicher Debatten.
Das politische Bewusstsein in Deutschland ist widersprüchlich: Eine deutliche Mehrheit hält die Gesellschaft für stark veränderungsbedürftig. Gleichzeitig hält eine fast gleichgroße Mehrheit all jene, die meinen, die Welt verändern zu können, für Träumer.
Wirft man darüber hinaus einen Blick auf die jüngsten Protestbewegungen in Deutschland, dann zeigt sich auch hier ein widersprüchliches Bild: Einer starken Beteiligung z.B. am Anti-Atom-Protest oder gegen Stuttgart 21 steht, zumindest bisher, eine eher schwache Beteiligung an Sozialprotesten wie etwa dem europäischen Aktionstag der Gewerkschaften, gegenüber.
Wir müssen gemeinsam herausfinden, woran das liegt.
Wir brauchen eine Agitation größerer Reichweite
Dabei sind zwei Arten der Arbeit notwendig: einerseits die vielfach schon bestehende Dokumentation und Berichterstattung lokaler Kämpfe, die heute allzu oft nur in Medien von geringer Reichweite erscheinen, in einem größeren Zusammenhang eines Medienverbundes zugänglich zu machen.
Wir erleben derzeit die mediale Eindämmung und oft auch Zerstörung linker kleinteiliger Medienarbeit (youtube) mittels der Justiz und den halbstaatlichen Überwachungsorganisationen, wie beispielsweise der GEMA-Krake.
„Keine Aktion ohne gesicherte Dokumentation“ muss unser Leitmotiv werden.
Andererseits brauchen wir gut recherchierte und faktenreiche Hintergrundberichte zu jenen Themen, die die bürgerlichen Medien so gerne übergehen: z.B. Armutsberichte, Korruption in Verwaltung und Parteien, Pöstchenschiebereien, Frauen- und Kinderhandel, Organhandel, Repressionsapparat, Militär und Rüstungsindustrie etc.etc.
Anklagen zu allen Formen zerstörerischer und entfremdeter Arbeit müssen ein Hauptfeld unserer Agitation sein…
Wir erleben nicht nur eine Steigerung der Arbeitslosenzahlen seit 20 bis 30 Jahren, in Westdeutschland von 500.000 Mitte der 60er Jahre, auf eine Million Mitte der 70er Jahre, auf zwei Millionen im Jahre 1980, dann drei Millionen kurz vor der Vereinigung allein in Westdeutschland. Und heute real rund fünf Millionen in Gesamtdeutschland. Die große Koalition in Berlin beschloss Gesetze zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit (Rente mit 67), womit ein weiterer Beitrag zur Steigerung der Arbeitslosigkeit geleistet wird.
Wir erleben zugleich zur steigenden Massenerwerbslosigkeit auch, dass bei den noch Beschäftigten der Anteil derjenigen, die unsinnige, die unnütze, die zerstörerische und die entfremdete Arbeit verrichten, immer weiter steigt.
Die abnehmende Eingriffsmöglichkeit von Individuen in digitalisierte Verwaltungsabläufe und die immer kleiner und klandestiner wirkenden Entscheidungszirkel der Mächtigen in Wirtschaft und Verwaltung müssen von uns plastisch dargestellt werden.
In mehreren Studien im Auftrag des DGB wird beispielsweise auf den Umstand hingewiesen, dass die moderne durch IT-Technik bestimmte Arbeitswelt nicht nur die Kommunikationen unter den Menschen zerstört, sondern auch das Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht gegenüber der immer undurchschaubareren Technologie befördert. - was wiederum die Widerstandskraft lähmt.
Hier liegt u.a. eine Aufgabe für linke Gewerkschaftsarbeit! Solche oft verstreuten einzelwissenschaftlichen Ergebnisse müssen von uns aufgenommen und in einen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang eingebettet publiziert werden. Der Ruf nach sinnvoller Arbeit und drastischer Arbeitszeitverkürzung sollte unser Markenzeichen werden. Wir sollten ein europäisches Arbeitsgesetzbuch fordern, wo die jeweils bereits bestehenden besten nationalen Einzelbestimmungen zur europäischen Norm werden.
Die unter globalisierten Bedingungen starke Zunahme des Menschenhandels, der zu 80% Frauen und Mädchen betrifft, spielt auch in Deutschland als Ziel und Durchgangsland eine immense und auch in der Linken bislang kaum thematisierte Rolle. Die OECD schätzt, dass alleine in Europa jährlich eine halbe Million Frauen verkauft werden. Hier ist dringend eine linke Initiative fällig, die sich ein Bild von der Situation macht und praktische Überlegungen anstellt.
Im letzten Jahr war in der BRD eine interessante Zahl bekannt geworden, nämlich, dass die – ständig abnehmende – Zahl der Krankenschwestern zum ersten mal niedriger ist, als die – ständig zunehmende – Zahl der Prostituierten.
Unsere Demokratie
Wir kämpfen für die demokratischen Grundrechte der bürgerlichen Welt, für die Rede-Versammlungs- und Pressefreiheit, weil wir diese Rechte nicht nur für die Entfaltung der Arbeiterbewegung benötigen, sondern auch, weil ein Sozialismus ohne
Emanzipationsmöglichkeiten der Menschen keiner ist.
Wir wollen – im Gegensatz zum Faschismus- nicht hinter diese bürgerlichen Errungenschaften zurückfallen, sondern sie aus ihrem propagandistischen Missbrauchszusammenhang in Medien und Politik in die wirkliche Lebens-und Produktionssphäre integrieren. Solange diese bürgerlichen rechte nicht allgemein in allen Bereichen gelten können, sind sie nur Schattenspiele zur Verschleierung bürgerlicher Herrschaft.
Wir wissen dass das Bürgertum sich heute von seinem eigenen demokratischen Erbe lossagen möchte, da es „die Geschäfte“ zu stören beginnt.
Wir lehnen das Bankeneuropa der EU als vollständig undemokratisch ab.. Schon der erste Präsident dieser Behörde, Jean Monet bekannte, dass er auf die „höfliche Fiktion der Volkssouveränität“ keinen Wert legte.
Die Herren und Damen in der Europäischen Linken glauben jedoch offensichtlich, dass die Unterdrückung von Nationen und der Nationalismus bereits in der vom Imperialismus geprägten EU überwunden werden könne.
So als ob einer der wichtigsten Meilensteine der EU-Entwicklung nicht gerade das Aufheizen von Nationalismus in den Teilstaaten Jugoslawiens gewesen wäre. So als ob jetzt gerade mit der
Fiskalunion nicht formell souveräne Staaten direkt von Brüssel – und das heißt vereinfacht gesprochen von der Agentur des deutschen und französischen Imperialismus und deren Finanzoligarchie -kommandiert würden. Und nicht vergessen: Die als Wiedervereinigung getarnte Einverleibung der DDR, die den Großmachtchauvinismus in Deutschland beflügelt hat
Die derzeitige Europakonstruktion fällt noch hinter die Errungenschaften der Französischen Revolution zurück und wirkt als Brandbeschleuniger für nationalistische Bewegungen auf dem gesamten Kontinent. Wir lehnen die bürgerliche Konkurrenzdemokratie der gegenseitigen Übervorteilung durch Strippenzieher in den bürokratisierten Apparaten ab und erstreben eine Konsensdemokratie
Wir stellen dem EU- Europa das von den Partisanen 1944 konzipierte Sozialistische Europa gegenüber: erst ein europäischer Zentralstaat mit gesamteuropäischen Parteistrukturen und einheitlicher Sozial- und Arbeitsgesetzgebung sowie demokratisch entwickelten Plänen für die europäische Wirtschafts- und Infrastruktur kann eine Einigung der Europäer befördern helfen.
Die Komplexität der Probleme moderner Gesellschaften erfordert ein inhaltsbezogenes, kein taktisches Verhalten. Dabei sind wir uns durchaus bewusst, dass diese Konsensdemokratie nur innerhalb der Klasse zu praktizieren ist.
Bei einem antagonistischen Klassenwiderspruch verhindert die unterschiedliche Interessenslage die Entwicklung einer solchen Form der politischen Kultur.
Ein künftiger internationaler Aufruf zu einer „verfassunggebenden Versammlung antikapitalistischer Europäer/innen“ wäre sicherlich keine der schlechtesten Ideen zur Zukunft dieses Kontinents.
Linke Gewerkschaftsarbeit aufbauen!
Der Aufbau kontinuierlicher Arbeitsstrukturen in Betrieben und Verwaltungen sowie die Verbindung zu den einzelnen ethnischen Gruppen der Migration als Teil der Klasse im Inland ist eine obligatorische Aufgabe für uns.
Einarbeitung in Fragen des Arbeits- und Ausländerrechts sowie Kontakte zu möglichst vielen Gewerkschaften weltweit gehören dazu.
Bestmögliche Aufbereitung und Verbreitung von Informationen über Konflikte und Kämpfe in der Welt sind ein weiteres Stichwort.
Dabei brauchen wir nach Möglichkeit auch Einbeziehung von Gewerkschaftsfunktionären, da die großen Konzerne in Deutschland – auch das ein Unterschied zu Griechenland- stark internationalisiert sind.
Der DGB Korporatismus ist brüchig geworden, die „Win-Win-Situationen“ durch Verhandlungen gibt es nicht.
Wir müssen die Rückbesinnung auf die Artikulation und Durchsetzung der eigenen Interessen geduldig und beharrlich befördern.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Finanzmärkte nicht nur außerhalb der Erfahrungswelt der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung liegen. Sie sind auch ein gleichsam exterritorialer Ort. Jedenfalls keiner, an dem man mit klassischen Widerstandsformen agieren könnte.
Daher muss von uns eine Form des „sichtbar Machens“ entwickelt werden, um die ablaufenden Ungeheuerlichkeiten in diesem Sektor zu visualisieren...
Mit dieser Ausrichtung kämpfen wir politisch in den Gewerkschaften um die Führung und lehnen das praktizierte Co-Management ebenso ab wie die Klassenkollaboration.
Dabei übersehen wir auch nicht, dass die berüchtigten „Unvereinbarkeitsbeschlüsse“ formal noch immer in Kraft sind und durchaus als „Keule der Bürokratie“ revitalisiert werden können.
Wir brauchen also den Aufbau eigener kämpferischer Betriebsarbeit vor Ort, die regionale und internationale Vernetzung, um Kampffähigkeit generieren zu können.
Antimilitarismus entfalten
Es gibt einen inneren Zusammenhang von Weltmarkt, Kapitalexpansion, Weltmarkt-Konkurrenz, Blockkonkurrenz Japan-USA-Europa (Triadenkonkurrenz), militärischer Absicherung dieser Expansionen, militärischer Aufrüstung und Ressourcenkriegen.
Das sind Motoren der jetzigen Gesellschaft. Es ist kein Zufall, dass der Zyklus der neuen Kriege sich in erheblichem Maß auf Regionen konzentriert, die Ölregionen sind oder auf die Regionen der Öltransportwege. Stichworte: Afghanistan, Irak, Somalia, Iran.
Eine kontinuierliche und antimilitaristische Arbeit gehört heute zur Grundausstattung linker Politik. Das beinhaltet eine Beobachtung militärischer Strukturen sowie eine Aufklärung über die Funktionen des Militärs.
Die Erstellung von Material mit lokalen Militäreinrichtungen, die kontinuierliche Thematisierung im öffentlichen Raum können erste wichtige Schritte sein. Werbeveranstaltungen des Militärs sollten nicht ohne unsere „Begleitung“ stattfinden.
Faschismus bekämpfen
Es gibt einen gefährlichen, von der EU-Politik beförderten Aufschwung nationalistischer und faschistischer Bewegungen in Europa. Nationalismus wird nicht einfach verschwinden oder absterben: Bedenken wir Lenins mahnende Worte gegenüber Rosa Luxemburg:
Zur Beseitigung der nationalen Unterdrückung ist ein Fundament notwendig – die sozialistische Produktion; aber auf diesem Fundament bedarf es noch einer demokratischen Organisation des Staates, einer demokratischen Armee usw. Hat das Proletariat den Kapitalismus in den Sozialismus umgestaltet, so schafft es die Möglichkeit für die völlige Beseitigung der nationalen Unterdrückung; diese Möglichkeit wird „nur“ – „nur“! – dann zur Wirklichkeit werden, wenn die Demokratie auf allen Gebieten vollständig durchgeführt sein wird – bis zur Festlegung der Staatsgrenze entsprechend den Sympathien der Bevölkerung, bis zur völligen Freiheit der Lostrennung einschließlich. Auf dieser Basis wird ihrerseits in der Praxis die absolute Beseitigung auch der kleinsten nationalen Reibungen, des geringsten nationalen Misstrauens erfolgen und damit die beschleunigte Annäherung und Verschmelzung der Nation, die durch das Absterben des Staates vollendet werden wird. Das ist die Theorie des Marxismus…“ (5)
Derzeit sind die Rechtsradikalen die einzigen, die die soziale Frage vom Standpunkt der „Nation“ aufgreifen. Vom kapitalistischen Geschäftsbetrieb sehen sie das Volk in großen Teilen vernachlässigt und benachteiligt. Ihr Vorwurf lautet, dass Volksteile in nutzloser Arbeitslosigkeit gehalten daran gehindert werden mittels Arbeit für die Nation einen wertvollen Beitrag zu liefern. Das gute Volk ist gegen seine wahre Bestimmung erniedrigt, vom kapitalistischen Geschäftsgeist missbraucht.
Die kapitalistische Konkurrenz und die damit verbundenen Zumutungen halten sie für ein nationales Unglück, dem man kämpferisch entgegen treten muss. Die Gnade der richtigen Geburt ermächtigt die Volksgenossen zur Zugehörigkeit zum richtig Volk und darauf sollte jeder einzelne stolz sein. Die Borniertheit des Eingeborenen bürgt für die lautere Gesinnung. Fremde, mögen sie sich noch so nützlich machen, sind lediglich aus eigennützigem Kalkül oder unlauteren Motiven hier und nicht woanders.
Dass die soziale Frage heute bei denen in den Vordergrund gerückt ist, hängt mit der kapitalistisch wegrationalisierten traditionellen Massenbasis ihrer Bewegungen zusammen. Machten Bauern und selbständige Handwerker 1933 noch fast 30% der Gesamtbevölkerung aus, so sind sie heute die entsprechenden Zahlen 2% bzw.4%.
Das geringere Klassenbewusstsein sowie die alleinige Frontstellung gegenüber dem Bankeneuropa der EU können sie für Teile der Klasse attraktiv werden lassen und wir sollten ihren „Antikapitalismus“ nicht abtun.
Die historische Funktion einer faschistischen Machtübernahme besteht darin, die schlechten Verwertungsbedingungen des Kapitals schlagartig und gewaltsam zugunsten der entscheidenden Gruppen des Monopolkapitalismus zu verändern. Seine „Nützlichkeit“ beweist er vorher dadurch, dass er die Arbeiterbewegung permanent terrorisiert und schwächt. Der Aufstieg der faschistischen Massenbewegung kommt sozusagen einer Institutionalisierung des Bürgerkrieges gleich. Denn sie sind in erster Linie eine Kampfformation gegen jede organisierte Arbeiterbewegung…
Liebe Mitstreiter, man kann diese rudimentären Überlegungen als eine Utopie, ein „Nirgendwo“ ein Unrealisierbares abtun.
Zu bedenken ist aber, dass politische Prozesse oft lange Reifezeiten benötigen. Zu bedenken ist auch, dass die Alternative zur Weiterarbeit und Konkretisierung dieser Utopie als nächsten historischen Schritt nach meiner Überzeugung eine flächendeckende Barbarei sein wird. Und es wird vor allem die kommende Generation sein, die darunter unendlich leiden wird.
Und so steht die Frage im Raum: wann, wenn nicht jetzt?
Wer denn sonst, wenn nicht wir?
Horst 30.08.2012
VON: HORST HILSE